Zu einer Debatte bei nestor, die sich auf einem Kommentar von mir auf einen Artikel im Overton Magazin von Georg Schuster „Sollen sich die Ukrainer denn ergeben?" bezieht.
Zitat"Argument 1: Sich auf die Seite der Ukraine zu stellen und ihr auch mit Waffen zu helfen, ist schlichtweg eine Frage des menschlichen Anstands und Mitgefühls. Erwiderung: Was hier als humane Pflicht vorgetragen wird, bewegt „die Menschen" keineswegs in gleicher Weise. Dass man in Russland mehrheitlich das Gegenteil verspürt, ist offensichtlich. Aber die Leute in Brasilien oder Indien, in gewissem Grad auch in der Schweiz empfinden hier ebenfalls anders. Was daran liegen dürfte, dass ihre Regierungen eine andere Stellung zum Ukraine-Krieg einnehmen, als es die deutsche tut. Das, und nicht einfach eine menschliche Regung, bewirkt das spezifische Echo in den genannten Ländern - und offenbar auch hierzulande."
Ein Peter schreibt in den Kommentaren dazu.
Zitat"Sollten die Ukrainer sich ergeben? Warum nicht. Weil, auf individueller Ebene ist so ein Ergeben der beste Weg, um aus dem Schlamassel rauszukommen und ev gesund und munter zu Überleben. Eine Chance für deren Sieg scheint es nicht zu geben und zu sterben nur um möglichst viele Russen zu töten, so wie sich das die Sponsoren der Ukraine wünschen, ist ein eigenartiger Trost für das eigene Ableben. Viele Ukrainer scheinen das auch schon verinnerlicht zu haben. Habe vorgestern erst wieder welche kennengelernt, die jetzt mit Mann hier sind und kein Bedürfnis verspüren zur Verteidigung des Vaterlandes zu eilen. Es ist eher so, das sich nur die Frauen mit den Kindern registrieren, damit die Männer auch in DE unter dem Radar bleiben, weil die befürchten, das auch in unserem Land Ukrainer einberufen werden könnten."
Dem wollte ich ausdrücklich zustimmen. Weil in vielen Talk-Shows und Artikeln diese rhetorisch gemeinte Frage gestellt wird. - Der Befragte soll es moralisch weit von sich weisen, dem Opfer "des russischen Angriffskriegs" Kapitulation zu empfehlen. Es wird hier eine feststehende moralische Sortierung ausgenutzt, dass das Opfer moralisch unangreifbar ist und jeder, der dem Opfer Kapitulation empfiehlt sich selbst ins moralische Aus kickt. Das Perfide an der Frage ist, dass eine moralische Parteilichkeit unterstellt ist. Moral fragt nicht nach dem materiellen Nutzen. Lehnt man diese moralische Vorsortierung aber ab und fragt tatsächlich nach dem materiellen Nutzen sieht die Sache ganz anders aus. Dann kann man nämlich den Opfern, wenn man damit die Menschen/ die Bevölkerung/ die normalen Leute meint und nicht den Staat Ukraine, tatsächlich nur empfehlen sich zu ergeben, denn das produziert weniger Leid und Tod. Das ist aber sowieso nur eine hypothetische und auch ideologische Frage, da es ja nicht die Bevölkerung ist, die sich ergibt, sondern der Staat Ukraine und der tut, was seine Finanziers und Waffenlieferanten aus dem Westen wollen. Dass die wiederum sagen, die Ukraine müsste entscheiden, ob und wann sie Frieden oder Krieg will, ist bloß die Auskunft, dass der Westen zur Zeit nicht im Traum daran denkt, Frieden zu schließen. Als "russischer Angriffskrieg" gegen die Ukraine wäre der Krieg schon längst zu Ende. Nicht zu Ende ist er, weil er ein Stellvertreterkrieg der Nato gegen Russland ist. Deshalb hat die Nato die Ukraine auch schon vor dem Kriegsbeginn 2022 aufgerüstet. Auch aus dieser Sichtweise ist die Mär vom armen Opfer, das ohne eigenes Zutun überfallen wurde, als Versuch kenntlich eine moralische Parteilichkeit mit dem Westen hervorzurufen.
Daher habe ich Peter mit folgendem Beitrag geantwortet.
Zitat"Genau Peter. Wenn man die Frage ehrlich beantwortet, was ist besser für die Menschen in der Ukraine, was produziert die geringsten Opfer, dann ist es besser die Waffen zu strecken. Man sollte das überhaupt allen Menschen sagen: Lasst euch nicht zum Material einer Staatsgewalt machen. Für eine ukrainische Staatgewalt sich verheizen zu lassen ist genauso bescheuert, wie für eine russische amerikanische oder deutsche. „Sich auf die Seite der Ukraine zu stellen" Das erste Gegenargument muss immer lauten: Sich auf die Seite einer nationalen Staatsgewalt zu stellen ist i m m e r dumm und der eigenen Gesundheit und dem eigenen Wohl abträglich. Mitgefühl mit einem Staatswesen als sei es ein Mensch ist sowieso hochgradig absurd. Sowas unterstellt Nationalismus, also Parteilichkeit mit der „eigenen" Nation und deren Sortierung der Welt."
Zitat@Leser, Krim: Jemanden dumm zu nennen, der Recht tun will, ist so ziemlich die blödeste "Kritik", die einem einfallen kann, zumindest wenn sie allein steht. Das Wissen und die Empfindung, daß der Kriegsdienst in der Etappe ihn beraubt, ist doch für den Parteigänger der Regierung der Ausgangspunkt seiner / ihrer Rechtfertigungen.
1. Hätte Tomgard nur mal seine Kritik auf seine Kritik angewandt. Wenn "Dummheit" eine blöde Kritik ist, dann ist doch wohl die Kritik daran, mit dem "Argument", sie sei blöde ebenfalls blöde. 2. Steht die Kritik nicht alleine, sondern wurde mit einem Argument erklärt, das TomGard bloß nicht erkennen kann. Das "Dumme" besteht nämlich darin, dass moralische Parteilichkeit für eine nationale Staatsgewalt "der eigenen Gesundheit und dem eigenen Wohl abträglich" ist - besonders, aber nicht nur im Krieg. 3. Es geht nirgends um "Recht tun", wie TomGard behauptet. Es geht um Moral bzw. nationale Parteilichkeit und dass diese dem Materialismus der normalen, also lohnabhängigen, Menschen widerspricht. Und diese "Dummheit" soll meinem Beitrag nicht zu entnehmen sein? Die Dummheit besteht darin den Widerspruch der nationalen Parteilichkeit zum eigenen materiellen Interesse nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen. Nationalismus nützt eben nur der herrschenden Klasse, deren Herrschaft und damit deren prinzipieller Nutzen in Krieg und Frieden geschützt wird. Und weil der Arbeiter dafür den Kopf und andere Körperteile hinhalten muss, soll er sich von seinem Materialismus gänzlich verabschieden und sich ausschließlich eines moralischen Urteils bedienen. D e s h a l b werden im Krieg Fragen von Gut und Böse gewälzt. Das Gute soll unbedingt zum Zug kommen und an persönlichen Kosten und Opfern nicht mehr relativiert werden dürfen. Und das ist ein elementares Gegenargument, das man verstehen muss, will man argumentativ etwas gegen die moralische Kriegshetze aller Orten ausrichten. Übrigens ist auch die grüne Umweltmoral ähnlich motiviert. "Das Klima" und ähnliche grüne Banner sollen so unwidersprechlich, alternativlos und gut sein, weil man den Leuten abgewöhnen will die Zumutungen und Härten, die der Staat erlässt, dagegen ins Feld zuführen. Wer da auf der Strecke bleibt, weiß immerhin dass es für den guten Zweck geschieht - "eine lebenswerte Zukunft für unsere Kinder". Wenn dadurch die Gegenwart für manche, die nicht im Geld schwimmen zur Hölle wird, dann sind das einfach Kollateralschäden, die hinzunehmen sind. 4. Auch um Kriegsdienst ging es nicht. Mir nicht, in meiner Antwort auf Peter, und auch Schuster nur sehr vermittelt.
ZitatJa, und indem Du von "zulegen", also Erwerb sprichst, deutest Du schon zweierlei Wissen an: 1. Es ist nicht "dumm"
Ah ja. d.h. Weltanschauungsinhalte und Glaubeninhalte können schon deshalb nicht dumm sein, weil es sich um "Erwerb" und zwar von "Wissen" handelt. Wie bitte? Geht's noch. Also weil man sich Weltanschauungen "zulegt" handelt es sich per se um Wissenserwerb. So einen Stuß hab ich schon lange nicht mehr gehört. Wie TomGard hier vorführt, kann man sich auch die größten Schwachheiten "zulegen". Mit Wissen hat das gar nichts zu tun, eher mit dem Willen sich die Welt seinem Interesse gemäß zurechtzulegen, also sich die Welt nicht nach i h r e n Bestimmungen zu erklären, sondern gemäß dem eigenen Interesse zurechtzubiegen. - und das produziert mit Notwendigkeit falsches ideologisches Denken oder kurz - notwendige Dummheit.
Zitat2. Es basiert auf einer Spaltung der Subjekte in einen bougeoisen, zugestandenen Erwerbs- und Konkurrenzinteressen folgenden, und einen staatsbürgerlichen Teil, der unter in gewisse Titel verwandelten Zwängen von diesen Interessen Abstand nehmen will.
Weil das angesprochen Weltanschauungs-"Wissen" auf der Spaltung des Bürgers in Bourgeois und Citoyen basiert, soll es n i c h t dumm sein? Genau darin besteht die Dummheit doch. Darin nämlich, dass sich der Staatsbürger sich von seinen Interessen verabschiedet. Dass das sein Wille ist, ist der Gegenstand der Kritik an dieser Art von Dummheit. Mit diesem Willen schadet er sich selbst.
ZitatIm konkreten Fall besteht die Blödheit darin, daß die Einforderung von "Mitgefühl" auf dem Wissen und Akzept derselben Spaltung, die der Deutsche von sich kennt, beim Ukrainer basiert, was Krim ignorieren will.
Nein Krim hat bloß das Argument Nr. 1 genauer gelesen wie TomGard, und darin steht noch einmal:
Zitat "Sich auf die Seite der Ukraine zu stellen und ihr auch mit Waffen zu helfen, ist schlichtweg eine Frage des menschlichen Anstands und Mitgefühls."
Ukraine - nicht Ukrainer. Die Ukraine ist aber kein leidensfähiges Lebewesen, mit dem man Mitgefühl haben könnte. Die Ukraine kann nicht "fühlen" folglich kann man mit der Ukraine auch nicht mit-fühlen. Ich will auch nichts ignorieren, sondern mit dieser Überlegung darauf hin-weisen, und zwar genau wie der Autor, dass es sich deshalb keineswegs um eine menschliche Regung handeln kann, sondern "Mitgefühl" bloß ein beschönigender Ausdruck für die Parteilichkeit mit der eigenen Nation ist und deren Sortierung in Freund und Feind. Es ist blanker Nationalismus, der hier umetikettiert wird zu allgemein menschlichem Mitgefühl, das jeder Kritik enthoben ist. Darum geht es: Die eigene nationale Parteilichkeit als Gebot der Humanität unwidersprechlich zu machen. Deshalb stimmt auch die Kritik von nestor nicht:
ZitatFind ich keinen guten Einwand gegen Waffenlieferungen „aus Mitgefühl“, zu sagen, daß manche Menschen da anders empfinden.
ZitatDas Argument in „Argument 1“ heißt: Wie kann Waffenhilfe ein Gebot menschlichen Anstands und Mitgefühls sein, wenn wahrscheinlich mehr als die Hälfte der Menschheit, das ganz anders sehen und Waffenhilfe nicht als Gebot menschlichen Anstands betrachten. Sind das alles keine Menschen, wenn sich dieser „menschliche Anstand“ quasi als Ausfluss der menschlichen Natur nicht einstellt? Hier wird auf einen Widerspruch aufmerksam gemacht. – Schluss: Was sich hier regt, ist keineswegs der menschliche Anstand, sondern es ist der Nationalismus in den jeweiligen Ländern. Das heißt die Parteilichkeit der Nationalisten für die Stellung der eigenen Nation zum Ukraine-Krieg.
Weiter mit TomGards Beiträgen:
ZitatPS.: Dieselbe elitäre! Blödheit kennzeichnet auch Deckers Kommentare zum selben Topic, die Krim im Hinterkopf gehabt haben mag. Auf die (sinngemäße) Frage, “Sollen die Ukrainer sich ergeben?” antwortete der letztes Jahr sinngemäß “In Staatshändel mische ich mich grundsätzlich nicht ein.”
1. Merke: Blödheit als Vorwurf ist für TomGard reserviert. Wenn andere etwas blöd nennen, ist das einfach nur entweder Blödheit oder auch "elitäre! Blödheit" also eine ganz fiese Form von Blödheit. 2. Merke: Krim kann nicht selber denken, sondern sagt was er sagt, weil er Dinge von anderen im Hinterkopf hat. 3. Sinngemäß hat das Decker bestimmt nicht so gesagt, da Decker ja gar nicht die Mittel hat sich in Staatshändel einzumischen. Solch "elitäre!" Hybris zeichnet Peter Decker normalerweise eben gerade nicht aus. Was wahrscheinlich gemeint ist: Decker will sich grundsätzlich nicht ideell bei "Staatshändeln" auf eine Seite schlagen. Und das ist richtig.
ZitatEine korrekte Antwort lautete: “Selbstverständlich sollte sich das ukrainische Staatswesen ergeben, um Schaden von den Bürgern zu wenden – diese Bürger brauchen das nicht tun!”
Oh je - glaubt hier jemand an den Osterhasen? Na klar. Staatswesen sind mit nichts anderem befasst als Schaden von den Bürgern abzuwenden. Da macht man den Bock zum Gärtner. Eine Nation setzt die Bürger als Material für seine Vorhaben ein und das heißt im Krieg, dass sie für die Nation Leben und Gesundheit lassen. Also nein: Der Nation einen idealistischen Zweck unterzuschieben, ist nicht die "korrekte Antwort".
Auf Nestors ähnlichen gelagerten Einwand meint TomGard:
Zitat Und selbstredend hatte "die Mehrzahl der Ukrainer" jene Option [sich zu ergeben] zu Beginn des russischen Einmarsches, sie führten und führen schließlich die Waffen!
Das ist natürlich kontrafaktisch, weil die waffenfähigen Männer bis 60 gar nicht aus dem Land gelassen wurden. Teilweise finden auch Zwangsrekrtierungen statt. Nestor hat hier recht:
ZitatNur, diese Wahl, den Krieg durch sich ergeben zu beenden, haben die meisten Ukrainer nicht. Sie können zu den Russen überlaufen, aber das beendet den Krieg nicht.
TomGard weiter:
Zitat(PS.: Ich denke, damit sind wir bei dem Grund, in diesem Fall Motiv, für Krims unpassende Reaktion: Er will halt den Leuten vorwerfen, daß sie nicht (schon längst) revolutionär (geworden) sind. Das ist so blöde wie öde, dann kann er ebenso gut den Mund halten...
Öde und blöde ist TomGards argumentlose Motivforschung. Nein, ich werfe Leuten nicht vor was sie n i c h t sind, sondern was sie s i n d. Sie sind Nationalisten, und als solche denken sie parteilich. Das werfe ich ihnen allerdings vor. Tomgard dagegen spielt den Motivforscher, um begründungslos meine "unpassende Reaktion" zu diffamieren.
ZitatNestor: Das tue ich auch nicht. Ich wüßte nicht, wo ich „gegen den Kriegsdienst in Deutschland“ geredet/geschrieben hätte? TomGard: Das war der Kontext von Krims Kommentar.
What? Nein das war nicht der Kontext von Krims Kommentar. Den "Kriegsdienst" hat TomGard in die Debatte eingeführt.
ZitatWas ist eigentlich mit Krim/Kehrer? Haben wir ihn beleidigt, oder ist ihm etwas zugestoßen?
Ja klar, nestor hält seinen Blog wahrscheinlich für so toll und unwiderstehlich, dass nur diese beiden Alternativen in Frage kommen. Dass ich Gründe haben könnte, die nestor kennt, weil ich diese auf seinem Blog mitgeteilt habe, ist für nestor offenbar undenkbar. Da Leser einen Kommentar von overton von einem Tag davor zitiert, was nestor nicht entgangen sein dürfte, kann man seine "rührende Sorge" mir sei etwas zugestoßen, getrost als Heuchelei charakterisieren, was seine Scheinalternative auf die moralische Diffamierung "haben wir ihn beleidigt" reduziert. Auch schön wie er andere in eine Kollektivschuld eingemeinden will.
Ne nestor, ich habe einfach keine Lust mehr, nach gutdünken meine Beiträge von dir löschen zu lassen. Da habe ich Arbeit reingesteckt, und wenn du sie löscht, vernichtest du ein Stück meiner vergegenständlichten Lebenszeit. Diese Schädigung will ich nicht mehr zulassen. Seltsamerweise wurde die Debatte zu dem Overtonartikel auf nestors Blog nicht gelöscht, obwohl sie in diesem Thread vollkommen offtopic ist. Einige Poster sind eben gleicher als andere.
Außerdem verbringe ich viel zu viel Zeit damit, Einwände zu widerlegen, die aus ungenauer Textlektüre herrühren oder daraus, dass dem Autor irgendeine Laus über die Leber gelaufen ist oder er irgendein Ressentiment meint an mir auslassen zu müssen, wie z.B. TomGard. Das Entschwurbeln seiner kryptischen Sätze und Beiträge ist unendlich mühsam und bringt nichts.
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Zu einer Debatte bei nestor
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26.03.2023 18:08 (zuletzt bearbeitet: 27.03.2023 20:19)
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