Leserbrief zu einem Artikel von Peter Schadt "Im Geiste der Nation" in der Jungen Welt Ausgabe vom 25.08.2023, Seite 12
https://www.jungewelt.de/artikel/457801....der-nation.html
der bei der Jungen Welt vermutlich nicht veröffentlicht werden wird.

Zitat

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»Doch nicht nur verschärfte Konkurrenz um Arbeitsplätze und sinkende Löhne sind ein aus hoher Migration resultierendes Problem für die untere Hälfte der Bevölkerung«; Sahra Wagenknecht: Die Selbstgerechten.

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Dazu schreibt Peter Schadt:

Zitat

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"2. Durch die Migranten wird die Konkurrenz verschärft²
Apropos »zusätzliche Konkurrenz« – da entdeckt eine »linke Migrationskritik« schon wieder an der allen Arbeitern gemeinsamen Zumutung, nämlich dass sie gegeneinander ausgespielt werden, den entscheidenden Unterschied: Die Migranten verschärfen die Konkurrenz, die deutschen Arbeiter leiden unter ihr. Warum sind es eigentlich nicht die Migranten, die unter der Konkurrenz der Deutschen leiden? Oder, wenn man schon die Gleichung nicht einfach umdrehen will, warum ist es nicht der Arbeiter, der darunter leidet, mit allen anderen Arbeitern in Konkurrenz gesetzt zu sein?"

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Den Schluss den Peter Schadt unterstellt "die Migranten sind für die verschärften Konkurrenz verantwortlich", kann ich in dem Zitat auf das Herr Schadt verweist nicht entdecken. Da steht: Hohe Migration sorgt für zusätzliche Konkurrenz/ verschärft die Konkurrenz unter den Lohnabhängigen, zu denen dann auch die Migranten zählen. Dass hier die eingewanderten Arbeiter gegen die deutschen Arbeiter ausgespielt werden, kann ich nicht entdecken. Es ist nun mal unzweifelhaft richtig, dass mehr Lohnabhängige die Konkurrenz verschärfen und diese vom Kapital dann zur Lohndrückerei ausgenutzt wird. Mich wundert immer, dass hier sofort der Nationalismusknüppel ausgepackt wird, da es doch sonnenklar ist und auf der Hand liegt, wem diese Vergrößerung der nationalen Arbeiterklasse durch Migration nutzt - dem Kapital. Und weil Migration dem Kapital nutzt, steht sie seit Jahren und Jahrzehnten auf der neoliberalen Agenda der Politik, die mittlerweile fast alle Parteien vertreten. Das Argument geht also gar nicht gegen die Migranten, sondern gegen das Kapital und gegen alle neoliberalen Regierungen, denen niedrige Löhne zur Stärkung des Standorts und der Plusmacherei des nationalen Kapitals ein Anliegen ist. Dieses Argument drängt sich geradezu auf, kommt aber bei Schadt nicht vor.

Nicht dass wir uns falsch verstehen, man muss nicht groß nachweisen, dass die Linke inklusive Sahra Wagenknecht einen (alternativen) Nationalismus pflegt. Schließlich sind sie im Bundestag vertreten und sie treten bei Wahlen an, um dieses Land zu regieren. Bloß aus diesem Zitat, dem bloßen Verweis auf "verschärfte Konkurrenz" unter den Arbeiter durch Migration lässt sich nicht Nationalismus schließen. Migration vergrößert die Arbeiterklasse und die Reservearmee und kann dadurch vom Kapital zur Lohndrückerei genutzt werden und das ist der Politik anzulasten, die das betreibt und nicht den eingewanderten und nicht den deutschen Arbeitern.

Auch im Punkt 4. von Schadt wird unsauber argumentiert:

Zitat

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"Auch hier muss ausgeklammert werden, dass sich ein »Fachkräftemangel« – wie er aktuell ja in aller Munde ist – nicht unmittelbar in bessere Löhne und Arbeitsbedingungen übersetzt."

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Wenn nicht unmittelbar, dann eben mittelbar. Ändert das irgendetwas am grundlegenden Argument, ob die Wirkung mittelbar oder unmittelbar eintritt?

Zitat

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"Wenn dem Kapital »das Angebot« an Arbeitskräften nicht passt, dann kennt es verschiedene Arten, damit umzugehen: Eine Variante ist, dass die Unternehmen selbst Arbeiterinnen und Arbeiter ausbilden und so für eine Korrektur bei der Konkurrenz der Arbeiter sorgen.4"

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Ah ja echt? Und warum bildet das Kapital dann nicht genügend Fachkräfte aus? Der derzeitige Mangel legt ja wohl beredt Zeugnis davon ab, dass das Kapital nicht ausgebildet hat. Ganz einfach: Weil Ausbildung teuer ist und es keine Garantie dafür gibt, dass die ausgebildeten Fachkräfte dann nicht in besser bezahlte Jobs abwandern. Das Kapital hat also die Wahl entweder gleich bessere Löhne zu zahlen und damit Fachkräfte anzuziehen oder das Geld lieber in Ausbildung zu investieren. Mehr Geld ausgeben muss es aber in jedem Fall. Rationalisierung, Verlagerung von Fertigkeiten in die Maschinerie ist ein Umgang mit schon gestiegenen Löhnen aber keine Ausweichstrategie, um höhere Löhne zu vermeiden. Außerdem ist sie abhängig vom konkreten Produktionsprozess. Natürlich stimmt das Argument, dass das Kapital dem Arbeitsmarkt nicht hilflos ausgeliefert ist (wie die Arbeiter, die ihre Arbeitskraft verkaufen müssen), sondern auf verschiedene Art und Weise damit umgehen kann. Das relativiert das Ausgangsargument nur, aber widerlegt es nicht. Eine Erhöhung des Arbeitskräfteangebots senkt die Löhne eine Verringerung des Angebots erhöht die Löhne.

Zitat

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"Migranten ins Land zu holen, um damit die Löhne niedrig zu halten, soll gefälligst nicht mehr stattfinden."

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Genau. Das ist die neoliberale Agenda der Politik und ich möchte echt mal wissen, was daran falsch sein soll gegen diese Art der Lohndrückerei zu sein.

Zitat

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"Andere Arten und Weisen, die Lohnabhängigen gegeneinander auszuspielen, werden dagegen sogar gefordert"

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Was soll das denn heißen? Weil andere Methoden die Lohnabhängigen gegeneinander auszuspielen gefordert werden, soll man auch bei der Migration nicht so sein und ein Auge zudrücken, wenn neu eingewanderte Arbeiter gegen einheimischen Arbeiter ausgespielt werden?

Zitat

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Schluss: Der Nationalismus ist der Migrationskritik vorausgesetzt

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Nein, ist er nicht notwendig. Man kann die Migration auch einfach als Methode neoliberaler Politiker kritisieren, die Migration bewusst dazu zu benutzen, das nationale Lohnniveau niedrig zu halten. Hier mit der Keule des Nationalismus anzukommen, um Kritik daran mundtot zu machen, tut den Interessen der Lohnabhängigen (egal ob eingewandert oder einheimisch) ein Bärendienst.