Krim hat im "Müssen, Wollen, Können"-Thread die These aufgestellt:

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Ein Wille hat ein Selbstbewusstsein zur Vorausetzung

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Warum sollte das eigentlich nötig sein? Er geht deshalb auch sehr weit, wenn er darauf aufbauend, Babies/Kleinkindern einen eigenen Willen abspricht, weil Versuche ergeben hätten, daß die "Selbsterkenntnis" erst nach vielen Monaten nachweisbar ist.
Es gibt viele "kluge" Tiere, die den Spiegel-Test z.B. nicht bestehen (Katzen und vor allem Hunde, von denen die schlaueren mehr Wörter verstehen als ein ganz junger Mensch, der gerade erst zu sprechen angefangen hat), selbst bei Affen, sind die nun willenlos, dann wohl nur rein instiktgesteuert?
Umgekehrt, es gibt "kluge" Vögel, Krähen z.B. die schaffen den Spiegel-Test. Sind das Wesen mit Willen im Gegensatz zu anderen klugen Vöglen, die den Spiegel-Test nicht bestehen?

Wieso gilt eigentlich für dich

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Dass ein Wille nicht ohne Selbstbewusstsein auskommt scheint mir jedoch nicht fraglich

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?Oder willst du alles, was Tiere und Babies tun, als pure semiautomatische Instinkthandlungen gewertet wissen? Gerade bei sozialen Tieren, ganz besonders natürlich bei Primaten, aber selbst bei sozial lebenden Vögeln kann man das recht unterschiedliche Verhalten, um es mal neutral zu formulieren, so mienes Erachtens nicht sinnvoll eintüten.

Krim, auch deiner weiteren Erläuterung

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Ohne dass ein Wesen sich von der umgebenden Welt unterscheiden kann, kann es sich auch nicht zweckgerichtet mit der Welt in Beziehung setzen. Ein sich gibt es dann nicht und wenn es ein Selbst nicht gibt, gibt es auch kein Verhältnis von Selbst und Welt/Subjekt und Objekt.

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möchte ich widersprechen:
Zweckgerichtetes Tun gibt es bei so gut wie allem, was kreucht (und fleucht). Ich bin mir nicht sicher, ob die Krähen in Neuguinea(?), die diese wunderschönen ausoptimierten Madenangeln aus mit Haken bestückten Blättern herstellen, auch zu den Vögeln gehören, die den Rouge-Test bestehen, zumindest tun die was recht Vernünftiges. Können sich Papageien im Spiegel erkennen? Auf jeden Fall konnte Alex, der Vogel von Frau Pepperberg, rechnen und logische Gruppen bilden (na gut, nur bis 7, das ist noch nicht fürchterlich viel, aber immerhin).

Eine schöne Geschichte vom Willen bei Säugern habe ich mal in einer Dokumentation über Wildpferde gesehen: Da hat sich eine Stute, die nach einer ersten Beziehung zu einem Hengst von einem stärkeren Tier erobert worden war, genau den Zeitpunkt ausgesucht, wo sie wieder trächtig war und kurz unbeaufsichtigt, um ihrem neuen Hengst zu entfliehen und wieder eine Beziehung mit dem ersten Hengst einzugehen. Sowas würde ich schon auch "bewußte" Entscheidung nennen.

Zum Teil sind es recht abstrakte Sachen: Bei einer Dokumentation über Afrikanische Elefanten gab es eine schöne Szene über Machtdemonstration: Die Leitkuh führte ihre Herde ganz bewußt, ohne Not, nur aus Daffke direkt unter Bäumen durch, bei denen sich ein Rudel Löwen zum Dösen hingelegt hatte. Die mußten dann springen, als die Elefanten kamen, denn sind nun mal die wahren Könige der Steppen, das wisen auch kluge Großkatzen.

Ich glaube, wir haben unterschiedliche Definitionen von "Wille". Für mich kann man das bei allen Lebewesen feststellen, deren Tun nicht automatisch abläuft, sondern die mehr oder weniger gut und korrekt ihre Umwelt erfassen, und dann entsprechend ihren Trieben und Interessen Entscheidungen fällen, was sie daraufhin tun wollen. Wo also nicht im Gehirn von denen festverdrahtete "Programme" ablaufen, sondern wo das "Subjekt" dies oder jenes "will". So wie die von mir angeführte Stute, die sich irgendwann entschieden hat, ihrem bisherigen Hengst den Laufpass zu geben und mit ihrer großen Liebe zusammenzuleben. Oder der blöde Hund, der partout wieder zu seinem Menschen zurück will und dafür in Kauf nimmt, riesige Entfernungen zurückzulegen. Anders als die kleinen Schildkröten, die erwachsen um Hawai herum leben und instinktgemäß zur Fortpflanzung wieder nach Japan zurückschwimmen (wie auch immer die das hinkriegen mögen), "muß" der Köter das ja nicht.

Anderes Beispiel von Wollen bei Hunden: Jeder kennt die Szene, wo der Hund schon oder noch gerne weiterspielen will (also nichts, was der unbedingt und gerade jetzt zum Leben bräuchte, der hat eben Spaß daran und will es deshalb halt ab und zu) und seinem Menschen den Ball anbietet, um dann enttäuscht hinnehmen zu müssen, daß der gerade nicht will, z.B. weil er mit einem anderen Menschen redet und noch oder nicht mehr Zeit hat. Dann fügt sich so ein Hund entweder in sein Los (weil er z.B. weiß, daß Mensch und Hund ja gerade eben erst in den Park gekommen sind, die Spielunterbrechung also erfahrungsgemäß nicht lange dauern wird) oder er wird kindsgemäß renitent und besteht auf seinem Spaß, weil das für ihn jetzt eindeutig zu lange gedauert hat.

Besonders willensgeprägt sind dabei Aktivitäten, die planvoll ablaufen müssen, um Erfolg zu haben: Die berühmten Oxforder Krähenexperimente z.B., wo diese Vögel ein erstaunliches Maß von technisch-physikalischem Verständnis gezeigt haben. Lernen und wollen gehört auch irgendwie zusammen. Vom Entschluß eines jungen Schimpansen, auch so schöne Nüsse knacken zu können, wie seine Mutter dies mit einem Steinwerkzeug hinkriegt bis zur eigenen Fähigkeit ist ein mühseliger Weg (wie ja überhaupt mein tierisch/menschlichem Lernen von jungen Lebewesen.) Nur die Tiere, die den Willen behalten, die beim Lernen durchhalten, kriegen das auch hin. Sind ja nicht viele.

Ich gebe zu, daß meine Beispiele alle den Fehler haben, daß da fürchterlich viel Reinlesen dabei ist, wie du mir ja auch vorgeworfen hast. Mir scheint das aber dennoch überzeugend genug, um auch im Tierreich "Willen" am Werk zu sehen.

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Ein Subjekt setzt Selbstbewusstsein voraus. Bewusstsein des eigenen Selbst ist nunmal die Voraussetzung dafür ich und nicht ich (Welt) zu unterscheiden.

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Wen ich das richtig verstehe, geht das bei dir so: Wer sich als getrennt von der Welt weiß, der ist ein Subjekt in dieser Welt und wird nicht nur z.B. als Samen irgendwo hingetrieben. Nur Subjekte können einen Willen haben. Willen haben heißt, subjektive selbstgesetzte Ziele haben, die man mit den Mitteln die einem faktisch und vor allem intellektuell zur Verfügung stehen, zu erreichen versucht. Da ist dem Willen bei einer Katze recht enge Grenzen gesetzt, bei einem Schimpansen geht schon mehr und beim homo sapiens sapiens geht fast alles. Wenn es nicht schief geht.

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An der Umsetzung bzw. dem Vermögen zur Umsetzung würde ich den Willen nicht festmachen wollen. Eher an ideellen Vorwegnahme des Resultats der Einwirkung des Subjekts auf die Welt

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Diese Vorwegnahme ist nur leider bei Tieren, für die man kein Araphon hat (wenn du die tschechische Märchenserie kennst), schwierig. Sowas kann man nur hinterher vermuten, daß sich ein Tier wohl das erarbeitete Ergebnis vorher auch so vorgestellt haben mag. Ich habe mal von einem Förster das Lob "seiner" Biber gehört, daß er die Dämme auch nicht an besser geigneten Stellen in die Täler hätte bauen können.

Bei allen Tieren, bei denen Physik eine große Rolle bei der Nahrungsgewinnung spielt, ist schwer auseinanderzuhalten, was stupides Ausprobieren und was echtes Lernen im Sinne von Verstehen ist. Vor einer Weile hat mich ein Artikel über recht blöde Viecher, Fische, verblüfft, die es schaffen, trotz Problemen der Lichtbrechung und wer weiß was noch, von unterhalb der Wasseroberfläche Insekten auszumachen, die sie dann mit einer Art Wasserspritze abschießen und da auffangen, wo die getroffen ins Wasser fallen. Ich wüßte nicht, wie ich sowas programmieren müßte, wenn ich eine Paintball-Maschine hätte, die Fische kriegen das hin mit Links.

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Wenn man ernsthaft einen Willen behauptet, dann muss man das schon irgendwie beweisen

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Was sind denn in diesem Fall Beweise, die du akzeptierst?
(Es stimmt, es ist zumeist sehr schwer, ganz dummes Trial und Error von vernünftigem, geplantem Vorgehen zu unterscheiden. Bei diesen Fischen hat mich nur überrascht, wie sauschnell so ein bescheidenes Gehirn solche "Berechnungen" hinkriegt. Das sind ja nur Millisekunden, die der blöde Fisch jeweils Zeit hat.)

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Vor einigen Jahren wurde gezeigt, daß einige Menschenaffen sich selbst im Spiegel erkennen können. Sie entfernten nämlich einen Farbfleck, der zuvor unbemerkt an ihrem Kopf angebracht worden war, nachdem sie den Fleck durch einen Blick in den Spiegel entdeckt hatten. Daraus schloß man, daß diese Tiere schon Selbstbewußtsein besitzen.

Den Farbfleck entfernen die Tiere jedoch nur dann, wenn es sich um einen unmittelbaren Eindruck handelt; die Affen reagieren nicht, wenn sie den Farbfleck an ihrem Kopf in einem Film sehen, der drei Minuten vorher von ihnen gemacht worden war. Zweijährige Kinder reagieren in diesem Fall übrigens auch nicht, sie beziehen den Vorgang nicht auf sich selbst. Erst vier- bis fünfjährige Kinder können das ohne Schwierigkeiten. Affen denken vermutlich, wenn sie sich im Spiegel sehen: „Das ist wie ich.“ Sie haben aber noch kein autobiographisches Selbstbewußtsein.

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Wenn erst vier- bis fünfjährige Kinder den Spiegel-Test bestehen, haben die dann als Dreijährige in deinem Sinne noch keinen eigene Willen?

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Außerdem können Dreijährige ihren Willen schon ganz gut äußern, deshalb verstehe ich nicht warum es darüber Zweifel geben sollte.

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Nun ja, das war doch auch mein vorsichtiges Argument. Denn spätestens, wenn Kinder sprechen können, und wenn es noch so beschränkt ist, wie das bei ein- bis dreijährigen Menschen eben ist, dann merkt doch jeder andere Mensch, daß die ganz offensichtlich einen Willen haben und zu passender wie unpassender Gelegenheit zum Ausdruck bringen können.

Und dem noch sprachlosen Kind, das erstmal "nur" Laufen kann, dem willst du dann doch den eigenen Willen absprechen?

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Erstmal hat ein Kind m.E. keinen Willen. Den entwickelt es erst mit der Zeit.

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Ja, natürlich. Nur geht das recht fix und fängt mit Tag eins seiner buchstäblich eigenständigen Existenz an. Mir geht es auch nicht um ein Konzil mit dir, sondern darum rauszukriegen, wie weit du in deinem Willensextremismus zu gehen bereit bist. Ich selber spreche ja so gut wie keinem halbwegs "fortgeschrittenem" Lebewesen, also isnbesondere Säugetieren, Willen ab.

Für mich ist "Wille" die Eigenschaft von Lebewesen, sich für unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten entscheiden zu können, um seine vorher gefaßten Ziele erreichen zu können. Dazu muß diese Lebewesen ein weitgehend zutreffendes Bild seiner Umwelt/Umgebnung haben. Das erfordert zumindest dafür hinreichende Sinnesorgane und ein schon recht leistungsfähiges Gehirn. Als ungewollt/willenlos sehe ich alles instinktiv Automatische an, das reproduzierbar unter gleichen Bedingungen exakt gleich abläuft.

Marian Stamp Dawkins zitiert in ihrem sehr lesenswerten Buch "die Entdeckung des tierischen Bewußtseins" ein schönes Experiment des Insektenforschers Fabre, der eine weibliche Grabwespe damit gefoppt hat, daß er eine erbeute Grille einfach nur etwas zur Seite gelegt hat, während die Wespe, wie immer, ihre Höhle inspizierte, ehe sie die Beute dort ablegte. Jedesmal, wenn sie nach der Inspektion wieder raus kam, legte sie erst die Beute wieder an den "richtigen" Platz und machte dann eine neue Imspektion. Das ging vierzig mal so, bis der Forscher genug hatte. Sowas ist nicht intelligentes gewolltes Verhalten, sondern pure angeborene Algorithmik.

Bei allen jagenden Säugern möchte ich glatt behaupten, daß die ohne einen Willen und Intelligenz nicht überleben könnten. Sich immer wieder neu entscheiden zu müssen, was man denn nun weiter macht, um ans Fressen zu kommen, erfordert gute Übersicht, "kluge" Abschätzungen, die mit der Erfahrung sicher besser werden aber eben nicht zu purem Automatikverhalten führen dürfen. Bei unerwartem Verhalten des Beutetiers muß so ein Tier blitzschnell entscheiden können, ob es besser ist dran zu bleiben, oder lieber die "Finger" von der Beute zu lassen. Das ganze wird noch komplizierter bei Rudeltieren, die noch viel mehr, insbesondere die Interaktion mit den anderen Tieren des Rudels in Betracht ziehen müssen.