Da die Diskussion ab gestern bei Argumentenprüfer nicht mehr zugänglich ist, hat mir pro_kommunismus auf seinem Blog http://prokomm.blogspot.com/ geantwortet. Ich stelle den Beitrag und meine Antwort auch mal hier rein, damit die Diskussion auch hier fortgesetzt werden kann.



Für Bilbo

Ich kriege eine Fehlermeldung "Proxy Error" bei den Kommentaren zum Artikel "Klare Ansagen (II)" im Blog von "Das geprüfte Argument". Deshalb poste ich meinen letzten Kommentar solange hier und hoffe er wird hier gefunden.


Als Lektüre für Bilbo: ein Statement der Verfasser des von dir so geschätzten Imperialismus-Buches: http://www.gegenstandpunkt.com/jourfixe/prt/jf061218.html

Insbesondere folgende Passage:
Alle diesbezüglichen staatlichen Manöver sind in Teil I unterstellt. Die angestrebte Auflösung des Verhältnisses von Bedingung und Beschränkung zwischen Kapital und Staat im Übergang nach außen schärft bei beiden den Drang zur Überschreitung der nationalen Grenzen, ist aber von den staatlichen Akteuren der Nationenkonkurrenz ganz auf einen Punkt bezogen: Alles was sie ins Werk setzen, in Bezug auf das Kapital ebenso wie auf ihr Volk, unternehmen sie für sich: Sie sind sich selber Grund und Zweck ihrer Konkurrenzbemühungen. Von den elementarsten Bestimmungen der Gewalt, die zur Vermehrung ihrer Machtquellen maßlos über ihre Grenzen ausgreift bis zu allen kapitaldienlichen Fürsorgemaßnahmen aus Abteilung I: Alles steht im Dienste des staatlichen Vorteils, der daraus gezogen werden soll. In Teil II werden die gewaltmäßigen Erfolgsbedingungen des kapitalistischen Geschäftes, das der Staat mit allen Mitteln seinetwegen und für seine Vorhaben ins Werk setzt, die in Teil I noch offen geblieben, aber schon immer unterstellt sind, erledigt.

Die Gewalt ist in der Betrachtung von Standortnationalismus und Geldpatriotismus immer am Werk und trachtet danach, diese so zu befördern, dass sie eben dieser Gewalt durchsetzungsfähige Wucht verleihen und ihr die Welt dienstbar machen. So kann Öl ebenso gut zum Kriegsgrund avancieren wie strittige Probleme von Verkehrwegen oder nationale Ehrenfragen, ohne dass ein Krieg „wegen“ des Öls geführt würde. Jeder Ausgangspunkt eines Krieges ist im Beschluss zum Krieg „aufgehoben“ und darin nicht mehr auffindbar: Ist der Beschluss zum Zuschlagen erst einmal gefallen, dann gilt der abstrakte Standpunkt praktisch, dass es der Staatsgewalt auf sich als sich gegen ihresgleichen behauptende Gewalt ankommt. Öl und Ehre kommen da als „Fälle“ vor: Als Fälle der Bedrohung der Herrschaft über die eigenen Existenzbedingungen.

Vom Standpunkt dieser Abstraktion stellt sich der Kapitalismus als Mittel der staatlichen Gewalt dar, das er pflegt, indem er alles für ihn tut. Die Gewalt stellt sich als Garant dieser Verhältnisse auf, weil sie ihr Nutznießer ist. Das Wachstum reflektiert der Staat deswegen auf sich: Er ist sich selbst der Grund der Pflege des Kapitalismus und dessen Weiß-Warum liegt ganz im Fortbestand und Fortschritt seiner Gewalt begründet.
Noch einmal zu den elementaren Bestimmungen des staatlichen Gewaltverhältnisses: Von seiner Konstituierung an hat es sehr konkrete Bedürfnisse. Die von ihr dirigierten Leute, das Volk, das die Gewalt sich schafft und als Grundlage benützt, ist durch seine Verfügbarkeit für die nationale Herrschaft bestimmt, weshalb andere Leute, die diesem Dienst (noch) nicht unterliegen, dem entsprechend nicht dazu gehören.

Territoriale Grenzen begrenzen den Wirkungskreis der Gewalt, die aus sich heraus gar keinen guten Grund für ihre Begrenztheit kennt, sich deswegen auch territorial nicht ohne weiteres saturiert fühlen mag. Bei ihren Umtrieben ist die Gewalt, die sich ganz von ihrer völkischen Grundlage nährt und ihre Mittel aus der Reichtumsproduktion ihrer Gesellschaft bezieht, eine Unkost für diese Basis und fällt ihr dauerhaft zur Last. Schon dieses Verhältnis, die eigene Machtgrundlage für ihre Erweiterung mit Unkosten zu belasten, lenkt den Blick der Gewalthaber nach außen: Mehr Land und Leute wären allemal wünschenswert für das widersprüchliche Bedürfnis der regierenden Macht, die ihre materiellen Grundlagen strapaziert und zugleich für ihre Zwecke möglichst stark sehen will. Dieses Bedürfnis ist dem gemäß nicht aus der Not geboren sind, sondern aus dem Anspruch, mehr zu vermögen und neue Quellen für erfolgreiche Gewaltanwendung zu erschließen, die die Mittel für die Konsolidierung und Erweiterung der Macht noch leichter hergeben als zuvor. Dass vorkapitalistische Erfolge bei der Verfolgung solcher Ansprüche zu manchen Drangsalen bei der Organisation der Zugewinne geführt haben, wenn sie die Größe von „Weltreichen“ annahmen, hat deren Eroberer nicht vom Erobern abgehalten.

Kapitalistische Staaten entdecken mit dem kapitalistischen Wachstum, das ihre Bürger inszenieren im eigenen Land ein im historischen Vergleich ziemlich einzigartig geeignetes Mittel zur Stärkung ihrer Macht. Diese Gesellschaften stellen sich ihren Staaten als ausschließlich verfügbare Machtquellen dar, deren Agenten sie aus eigenem Interesse jeden wachstumsdienlichen Wunsch von den Augen ablesen. Eines ändert sich aber auch in den Zeiten staatlich geförderten Kapitalwachstums nicht: Dass die fördernde Gewalt eine Belastung für dieses Wachstum bleibt. Die Erfolge, die diese Gesellschaften ihren Gewalten versprechen und liefern, macht diese keineswegs genügsam beim Blick in die Welt. Im Gegenteil: Die Gewissheit, dass es die Reichweite der Macht einer Nation enorm steigert, wenn sie andere Machthaber dazu bringt, ihre Reichtümer in den Dienst des heimischen Wachstums zu stellen und die eigenen Bürger an und in fremden Ländern verdienen zu lassen, ist ein dauerhafter Antrieb für weltweite Aktivitäten.

Dazu kommt, dass kapitalistische Staaten in den unternehmerischen Agenten des kapitalistischen Privatwachstums über eine soziale Klasse verfügen, die aus eigenem Bereicherungsinteresse über die Grenzen der Nation hinaus will und deswegen zum Auftraggeber der Gewalt wird. Diese Klasse, ein Teil des Volkes, selbst gar nicht aktiv in Gewaltfragen engagiert, kann im Zuge ihrer international gestimmten Anträge der eigenen Herrschaft oft den Vorwurf nicht ersparen, dass ihr Machtbereich einfach zu klein und ihr Einfluss zu gering sei für die wirklich guten Geschäfte weltweit; und derlei Unzufriedenheit wird um so drängender, je größer das schon verfügbare Geschäftsfeld der Nation ist. So verdoppelt sich aus staatlichen wie privaten Gründen der Drang „nach außen“.

Im Vergleich zu vorkapitalistischen Zeiten hat der Zugriff kapitalistischer Staaten auf die Welt einen neuen Inhalt: Auswärtige Länder lassen sich von ihnen als Reichtums- und Machtquelle nutzen, ohne dass man auch noch die Kosten der Herrschaft über sie zu tragen hätte. Das geht in modernen Zeiten ohne Eroberung, Beherrschung, Kolonialwesen etc. durchaus zum Nulltarif, allein durch die Funktionalisierung fremder Herrschaften. Nur: Die Kontrolle über diese Funktionalität der internationalen Geschäftspartner, von denen man, je erfolgreicher desto abhängiger ist, enthält dafür um so mehr Bedarf an Gewalt. Ist erst einmal mit dem fertigen Weltmarkt der ganze Globus als Gegenstand dieser Aufsichts- und Kontrollbedürfnisse im Visier, entwickelt sich daraus ein historisch einmaliges Konfliktpotential. So werden Handel und Wandel weltweit eine Abfolge staatlicher Machtentfaltung, bis hin zur Entwicklung ganz neuer Arten von Kriegen. Solcher etwa, die überhaupt nur mehr veranstaltet werden, um ein real existierendes Weltreglement vor Infragestellung zu bewahren und alle, die es angeht, von Abweichungen von der internationalen Weltordnung abzuschrecken.

"Vom Standpunkt dieser Abstraktion stellt sich der Kapitalismus als Mittel der staatlichen Gewalt dar, " Das steht nicht im Widerspruch zu meiner Auffassung, weil ich darüber reden wollte was die Gewalt ist und nicht wie sie sich darstellt. Dass der Staat sich selbst anders sieht, als er ist, dürfte klar sein. Er sieht das wirklich so:"Er ist sich selbst der Grund der Pflege des Kapitalismus und dessen Weiß-Warum liegt ganz im Fortbestand und Fortschritt seiner Gewalt begründet."

"Schon dieses Verhältnis, die eigene Machtgrundlage für ihre Erweiterung mit Unkosten zu belasten, lenkt den Blick der Gewalthaber nach außen: Mehr Land und Leute wären allemal wünschenswert für das widersprüchliche Bedürfnis der regierenden Macht, die ihre materiellen Grundlagen strapaziert und zugleich für ihre Zwecke möglichst stark sehen will." Auch hier ist klar, dass es das interessierte Bedürfnis nach Reichtum ist, das den Blick lenkt. Von diesem Standpunkt schauen sie gern mal nach China oder Indien mit ihrer Milliarde Menschen und dem entsprechenden Markt. Das heißt aber nicht, dass sie die Chinesen heim ins Reich holen wollen. Da bestehen sie andererseits meistens auf der rassistischen Grundlage ihres Untertanenmaterials. Für diesen Blick haben sie dann auch eine andere Verlaufsform gefunden, der Imperialismus heißt und ebenso die Benutzung von fremden Reichtumsgrundlagen für einheimisches Kapital gewährleisten soll. Es ist doch gerade nicht so, dass die Staaten, weil sie Gewalten sind, blind übereinander herfallen. Vielmehr wird ökonomisch konkurriert und politisch erpresst, wenn man die Erpressung nicht aushält oder nicht genug Erpressungspotential aufbauen kann, sucht man sich Verbündete.

Es stimmt, dass Staaten aus Eigeninteresse der kapitalistischen Gesellschaft dienstbar sind. Ihr Begriff besteht aber nicht im Eigeninteresse, sondern in den Gewaltdiensten, die sie für ihre Gesellschaften verrichten.

Die selbe Sache zitiert nach Wolfgang Möhl (Redaktion GegenStandpunkt):

"Das Prinzip ist, dass Nationen, jenseits aller einzelnen Staatsinteresse und über sie hinaus, dass hier die Herrschaft - wie übrigens zunächst Mal jede [Herrschaft] - ihre nationale Gesellschaft als ihre Ressource nutzt.
Anders ausgedrückt, ein bischen polemisch: eigentlich schmarotzt Herrschaft an der Gesellschaft. Sie benutzt diese zur Stärkung ihrer Macht, in dem sie der Gesellschaft ihre die benötigten Mittel entzieht, und zwar mit Gewalt. Gewalt schafft schließlich keinen Reichtum, überhaupt nichts Nützliches, sondern ist eigentlich - mal abstrakt betrachtet - bloß die eigene und einzige Potenz, ein Benutzungsverhältnis herzustellen und zu organisieren, so dass sie sich Reichtum aneignet, verfügbar macht, indem sie Reichtumsmittel der Gesellschaft enteignet.
Dass bedeutet, dass mit der erfolgreichen Aneignung dieser Machtmittel zugleich die Macht wächst - und mit der wachsenden Macht umgekehrt zugleich sie mehr Fähigkeit hat, sich die Gesellschaft verfügbar zu machen. Und das ist - so banal gesagt - der Zweck und die Leistung eines nationalen Gewaltmonopols. Und, wenn man so will, ist das auch der Zirkel der staatlichen Macht, ihr selbstzweckhaftes Prinzip. Sie zielt einfach auf immer mehr Macht durch immer mehr Aneignung von Machtmitteln - und das ist kein orgininär modernes Prinzip, obwohl im kapitalistischen Staat rein zu Geltung gebracht.
Staaten sind immer Schmarotzer. Das ist der aller-allgemeinste Begriff von Herrschaft: dass sie sich durch Machtzugriff Mittel aneignet die andere schaffen. Für kapitalistische Staaten gilt, dass sie sich an der Gesellschaft bedienen, aber nicht so, dass sie einfach nur wegnehmen, sondern indem sie das Wachstum zum privaten Zweck aller Gesellschaftsmitglieder machen, deren privaten Zweck dann anerkennen, organisieren, schützen und sich an dem dann so wachsenden Reichtum dauernd bedienen. "

Quelle: Vom friedlichen Handel etc.

Gepostet von pro_kommunismus unter 11:05 0 Kommentare Links zu diesem Post

Dienstag, 10. Juli 2007
Peter Decker über das Verhältnis von Weltmacht und Weltmarkt

Im Folgenden zitiere ich aus zwei Reden zum Imperialismus ("Weltmarkt & Weltmacht") von Peter Decker von der Redaktion der Zeitschrift GegenStandpunkt. Die Erste hat er in Frankfurt gehalten und wiedergegeben wird ein Ausschnitt aus der anschließenden Diskussion. Das Zweite sind Zitate aus der Rede in Bremen zum selben Thema.


1.Man das Ding auch abstrakt und jenseits vom Kapitalismus haben. Es ist ja nicht unbekannt, dass auch vor der kapitalistischen Wirtschaftsweise die Könige und Fürsten imperialistisch aktiv waren. Sie haben Reiche gegründet, sie haben Nachbarn überfallen, sie haben Raubzüge unternommen und so zu. Auch da war ihnen ihr eigenes Daheim schon immer nicht genug. Warum? Wegen dem komischen Zusammenhang, dass die Hoheit, die Herrschaft sich Zweck ist und ihre Grundlage als ihr Mittel nimmt. Ihre Grundlage aber ist ihnen, auch den Fürsten früher, dann ein gutes Mittel gewesen, wenn sie es gemehrt haben. (...) Auch da war die Herrschaft, die die Gesellschaft als Mittel für sich benutzt, bestrebt, dieses Mittel zu verbessern. Das ist das zirkuläre Verhältnis von Herrschaft und der Gesellschaft, die sie als ihre Grundlage unter sich hat.

Und in dem Verhältnis ist Kapitalismus der riesengroße Fortschritt, weil es eine Grundlage ist, die selber wächst. Das Moderne darin ist, dass der Dienst der Herrschaft am Wachstum ihrer Grundlage und der Dienst der Grundlage an der Herrschaft im Erfolgsfall zusammenfallen und deswegen der Staat, wenn er imperialistisch ist sich und seinen Privaten nützt. Übrigens, nur weil das der Fall ist, kann man den Leuten so Absurditäten erzählen wie: wir brauchen ein sicheres Umfeld, weil sonst gibt es nicht einmal Arbeitsplätze. Nicht einmal dass die Leute arbeiten, gibt es ohne Imperialismus. Das wird eingesehen. Warum? Weil diese Existenzbedingungen: vom Kapital leben, wirklich davon abhängen, dass es Wachstumsgelegenheiten für das Kapital gibt.“


Jetzt war die Frage: "Was ist jetzt eigentlich Mittel und was ist Zweck?" Und dann kommt: "naja, es doch dann schon so, dass die Herrschaft Zweck ist".

Ich würde an der Stelle den Gedanken lieber mit einer kleinen anderen Note versehen. Die ganze ökonomische Benutzung anderer Staaten beruht auf einer Klarstellung der Gewaltverhältnisse zwischen ihnen. Bloß dann kann man die anderen nützlich machen. Da braucht es die Gewalt dafür. Jetzt kannst du sagen: "da ist das Nützlichmachen der Zweck und die Gewalt ist Mittel". Die Gewalt als Mittel ist aber das Erste in dem Verhältnis. Ohne dass ein Staat sich als Gewalt behauptet und als Gewalt einem anderen gegenübertritt, geht ein Benutzungsverhältnis überhaupt nicht. Deswegen, weil die Gewalt das erste Mittel ist, gibt es von der ökonomischen Konkurrenz und ihren Verläufen eine davon ganz unabhängige, vorgeordnete Konkurrenz der Gewalten. Die ist ganz selbständig.
Nicht in dem Sinne, das wäre denen ihr Selbstzweck, so nach dem Motto, sie wollen sich immer bekriegen. Man muss eigentlich sagen, in der modernen Welt wollen die sich nicht immer bekriegen. Da ist schon die Benutzung der Normalzustand, den man will. Aber für die Benutzung braucht man die Gewalt. Und weil man die Gewalt braucht, braucht man eine selbständige, vom Verlauf der ökonomischen Konkurrenz unabhängige Pflege der Gewaltmittel und Pflege der Gewaltverhältnisse.
Das würde ich jetzt nicht in die komplizierte Ecke "letztlich ist dann doch die Gewalt der Zweck selber" stellen . Wenn, dann muss man schon sagen: ja, in der Gewaltkonkurrenz bekennt sich das Gemeinwesen dazu, dass Gewalt bei ihm die Grundlage von allem ist. Und dass, wenn es um die Selbstbehauptung geht, zur Not dieser Grundlage auch alles geopfert wird.
Das ist so richtig brutal sichtbar im Krieg selber. Da opfert der Staat um seiner Behauptung anderen Staatswillen gegenüber willen alles. Bis am Schluss sich selbst. Erst einmal opfert er das Leben seiner Bürger, dann opfert er den Reichtum auf den es ihm sonst immer so ankommt, 1. indem er ihn verschießt und 2. indem er zulässt, dass bei schlechtem Kriegsverlauf seine Städte, seine Industrieanlagen und seine Infrastruktur zusammengeschossen wird. In der Kriegswirtschaft wird das ganze Leben des Volkes dem Dienst an der Front untergeordnet. Und in letzter Instanz wird vom Staat (der Staat riskiert ja auch was im Krieg, vorher weiß man nie wie es ausgeht) sogar die eigene Existenz auf's Spiel gesetzt. Seine Existenz ist nichts wert, wenn sie nicht dazu taugt, andere Staaten sich untertänig zu machen. So grundsätzlich ist Gewalt das Erste unseres Gemeinwesens. Ich würde die Frage nicht so stellen: "ist Gewalt Selbstzweck oder nicht?". Nein, alles ist auf Gewalt gegründet. Alles läuft bloß auf der Basis. So würde ich das ausdrücken.

[Frage: Wenn das Verhältnis von Gewalt und Gesellschaft so "rational" wäre, wieso sind dann die Könige nicht mehr da?]

Die Frage sehe ich jetzt überhaupt nicht ein, weil die Staaten der Könige sind ja wirklich noch da. Und in manchen Staat sind ja sogar die Könige noch da. Eins ist klar: dazwischen hat im Inneren der Staaten etwas stattgefunden, nämlich: Die Könige selber haben so auf die bürgerliche Klasse gesetzt, auf den dritten Stand, auf das Geld das er verdient, dass sie den immerzu mit Privilegien ausgestattet haben. Solange, bis entweder die Könige im Guten eingesehen haben, dass sie dann auch ihr Regieren an den Bedürfnissen der Privatwelt orientieren müssen, damit ihre Grundlage floriert. Oder die Könige haben das nicht eingesehen und sind dann gestürzt worden im Namen dessen, dass ein Staat der nicht der Wirtschaft dient auch kein Recht hat.

[Dass die bürgerliche Klasse nicht nur die Grundlage des Staates quasi "optimiert" hat, sondern zugleich in ihrem privaten Eigeninteresse unterwegs war, ist kein Widerspruch, weil im bügerlichen Staat Staatsinteresse und Kapitalinteresse nicht gegeneinander stehen, vielmehr beide ein gemeinsames Interesse an Kapitalakkumulation haben. Der eine für seine Staatsmacht, der andere für seine Privatmacht (als Verfügungsgewalt über Eigentum). Siehe dazu auch Text 2:]


2. [Warum können die Staaten sich nicht in Ruhe lassen?]
Sie sind mit Interessen immer schon über die Grenzen der Reichweite ihrer eigenen Macht hinaus. Und das nicht erst seit neulich. Warum? Weil Staaten eine politische Herrschaften sind, die, über alle besonderen Anliegen der Herrschaft hinaus, ein Prinzip haben: nämlich ihre eigene, ihnen unterworfene Gesellschaft als Ressource ihrer Macht zu nutzen. Die sie damit strapazieren. An der Gesellschaft schmarotzt die Herrschaft. Sie selber produziert ja nichts. Sie selber vermehrt nicht den Reichtum, von dem sie zehrt. Sie benutzt die Grundlagen die sie hat zur Mehrung ihres Reichtums, ihrer Macht. Und ihre Macht ist die Potenz mit der sie das tut.
Und damit ist politische Herrschaft, die ihr Land nutzt, im Maße wie das gelingt, immerzu auf dem Sprung, noch mehr zu nutzen, als sie schon genutzt hat. Das ist an und für sich und auch schon vor dem Kapitalismus ein unersättlicher Zweck. Und es ist ja auch gar kein Rätsel, dass die Könige und Fürsten nicht gewartet haben, bis Kapitalismus herrscht, dass sie über ihre Grenzen gegangen sind und Nachbarn überfallen hätten. Also, dass Staaten Krieg miteinander führen ist viel älter als die Wirtschaftsordnung die wir hier heute haben. Es ist eher umgekehrt: Manchem kommt es doch so vor als wäre früher immer Krieg gewesen und heute wäre es anders, heute wäre der friedliche Verkehr die Normalität. Dazu spärt noch mehr, was da "friedlich" ist. Aber: das Grundverhältnis ist älter als der Kapitalismus. Raubzüge und Eroberungen gibt es schon länger.

Nach innen jetzt ist gerade vom Standpunkt der politischen Gewalt Kapitalismus die ergiebigste denkbare Machtressource. Das ist mal ein interssanter Gedanke: über Jahrhunderte hinweg haben die politischen Herrschaften auf der Welt gelernt, dass es quasi eine traurige Staatsarmut ist, wenn der Staat selber die Ausbeutung organisieren muss, an der er dann die Quellen seiner Macht hat. Eine Gesellschaft in der Ausbeutung in der Gesellschaft als Zweck privater Bürger verankert ist, eine Gesellschaft, deren eigener Alltag immerzu wachsenden Geldreichtum hervorbringt, an dem der Staat sich bloß nocht bedienen muss ist im Vergleich zu einer feudalen Ordnung, wo der Staat auf jeden Bauern selber zugreifen muss, dem er dann den Zehnten abnimmt, eine viel großzügigere Staatsgrundlage.

Und gelernt haben das die Staaten im Wesentlichen ihrerseits über Kriege. Diejenigen die als erste damit angefangen haben, diesen Reichtumsvermehrungsautomatismus im Land zu installieren, waren dann auch diejenigen, die sich die besseren und reichlicheren Bewaffnungen haben leisten können. Und die anderen haben lernen müssen: man muss es so machen wie die, oder man geht unter. Das haben die Franzosen und noch später die Deutschen von den Engländern gelernt, die eben die ersten waren mit Kapitalismus. Das haben im Pazifik die Japaner von den Amerikanern gelernt, die mit überlegenen Waffen angetreten sind ungefähr Mitte des 19. Jahrhunderts und erzwungen haben, dass die Japaner die Häfen öffnen. Und das letzte Beispiel dieser Lektion, dass es die Staatsmacht ist, die Kapitalismus als die für sie förderlichste Grundlage entdeckt hat der Ostblock geliefert, die sozialistischen Staaten. Der reale Sozialismus unter Gorbatschow ist zu dem Schluss gekommen: "als Staatsgrundlage taugt unser mäßiges Volksversorgungswesen viel schlechter als es der Westen hinbringt. Die beuten ihre Leute viel besser aus. Es springt viel mehr für die Staatsmacht heraus." Der Reale Sozialismus ist nicht an der Unzufriedenheit seiner Wodkasäufer zu Grunde gegegangen, sondern daran, dass die Führung gesagt hat: "Diese Wirtschaft ist zu untergiebig - für den Staat". Auch die haben es gemerkt an dem Rüstungswettlauf mit den Amerikanern, der ihnen immer schwerer gefallen ist als dem Westen.
(...)

Der Staat hat dafür [für die Einrichtung des Kapitalismus als seiner Grundlage] einen Preis bezahlt: Er nimmt sich darauf zurück, auch nur noch seine Grundlage zu fördern. Er nimmt sein Staatsprogramm zurück darauf, dass die kapitalistische Ökonomie garantiert, gesichert und zum Florieren gebracht wird. Der Staat hat entdeckt, dass er sich am meisten dient, wenn er nur noch dem Florieren seiner Grundlage dient. Und dieses Prinzip hat sich durchgesetzt.
(...)

Die Staatsmacht förder ihre Grundlage, ihre kapitalistische Grundlage. Die soll wachsen, die wächst, damit sich der Staat in wachsender Weise daran beteiligen kann. Gerade im Dienst an der Grundlage entdeckt der Staat jetzt aber was: nämlich dass die Reichweite seiner Macht zugleich die Grenze des Wachstums seiner Kapitalisten ist. Gerade die Macht, die das Kapital überhaupt stiftet, die das Eigentum in die Welt setzt und garantiert,(...) entdeckt, dass das autonome Streben seiner Bürger nach Wachstum Grenzen findet an dem Umstand, dass die Staatsmacht selber Grenzen hat.
(...)

[Konsequenz: ]Staaten gehen neben der ökonomischen Konkurrenz eine Konkurrenz als Mächte ein. Richtig getrennt von allem Kaufen und Verkaufen, Investieren etc. betreiben sie Sicherheitspolitik.
(...)

[An der unversöhnlichen Feindschaft der USA zur SU] merkt man, was ich meine mit: Kapitalismus zwischen Staaten beruht auf Herrschaft zwischen Staaten. Dass da eine Macht war, die sich nicht beherrschen ließ, war es Kriegsgrund. Diese Macht nicht beherrschen zu können ist Grund absoluter Feindschaft.

Zum Anhören: Weltmarkt und Weltmacht

Möhl scheint in dem von dir geposteten Zitat nicht den allerklarsten Tag erwischt zu haben. "Staaten sind immer Schmarotzer. Das ist der aller-allgemeinste Begriff von Herrschaft:" Dem ersten Teil kann ich ja noch zustimmen. Dass aber ihr Begriff im Schmarotzer-Sein bestehen würde, ist eine blöde Idee. Man erkennt das schon daran, dass es sich um gar keinen positiven Zweck handelt. Staaten wollen demnach bloß Reichtum wegnehmen, ohne ein wozu, einfach aus Prinzip, weil sie so böse sind. Begreif das doch endlich mal, dass das nicht sein kann. Gewalt ohne Inhalt ist nicht denkbar. Das kannst du auch noch 500 weitere Zitate bringen von Marx höchstpersönlich und von Karl Held mit einer persönlichen Widmung versehen, dann kommst du immer noch nicht um dieses Argument herum.

Also nochmal: Reichtum aus der Gesellschaft zu ziehen ist der Standpunkt des Gewaltmonopols, aber nicht sein Begriff. Decker geht hier auch erstmal vom Standpunkt der Herrschaft aus, die sich ihre Mittel aus der Gesellschaf holt. Erklärt den Staat also nicht von seinem Begriff her. Ich sehe da jedenfalls keinen Widerspruch, weil Decker hier die Sichtweise des Staats und sein Verhältnis zur Ökonomie bespricht.

Der Bürger affirmiert die ökonomische Konkurrenz um Eigentum, indem er sie als sein Mittel begreift. Er will Gewinner sein. Dadurch wird er zum Befürworter des Eigentums und den daraus folgenden Regeln des Konkurrierens. Von diesem Standpunkt aus wird er zum Befürworter einer Gewalt, die diese Regeln den Einzelinteressen aufherrscht. Aus dem notwendig falschen Bewusstsein folgt der abstrakt freie Wille, der ein Wille zum Staat ist. Ein Staatsbürger ist also einer der wegen seinem Interesse als Eigentümer zum Parteigänger des Staates wird. Dieser Wille ist der Grund des Staates und nicht bloß seine Bedingung.

"Neben ihren ökonomischen Geschäften sind sie politische Bürger, sie wollen die staatliche Herrschaft, weil sie ihren Sonderintressen nur nachkommen können, indem sie von ihnen auch abstrahieren. Der bürgerliche Staat ist also die Verselbständigung i h r e s abstrakt freien Willens." §1 - Der Wille zur politischen Herrschaft findet seine Erfüllung in der Souveränität des Staates. Die Staatsgewalt geht vom Volke aus und entspricht seinem politischen Willen, indem sie ihn als das Allgemeininteresse g e g e n die Privatsubjekte durchsetzt. §2 Staatsbuch

Der bewußte Entschluß die ökonomische Konkurrenz erfolgreich bestehen zu wollen, ist zuerst falsch und dann erst notwendig. Falsch ist er, weil er sich auf einen Zwang (der ihm schadet, sonst bräuchte es keinen Zwang) als Mittel bezieht und nach diesem Ursprungsfehler ergeben sich alle Ideologien, Verdrehungen, Fehler notwendig daraus, weil er die Gegenstände mit dem interessierten Vorurteil betrachtet, dass sie Mittel für ihn zu sein hätten.

Diese ursprüngliche Entscheidung ist aber eine, die man keinesfalls treffen muss. Man ist zwar zur Konkurrenz gezwungen, aber als Mittel betrachten, muss man sie nicht. Dieser Entschluss folgt auch nicht aus dem staatlichen Zwang zum Eigentum, sondern ist ganz und gar die Leistung der Leute. Daraus erwächst der Wille zum Staat. Er ist die Verselbständigung der negativen Gemeinsamkeit, mit der sich die Eigentümer in der Konkurrenz aufeinander beziehen. Dieser Gemeinwille besteht darin, dass die Eigentümer eine Staatsgewalt wollen, die ihnen die Durchsetzung ihres ausschließlichen, abstrakten Verfügungswillens über ein Stück Reichtum gegen jeweils alle anderen garantiert.

Du musst dich mal entscheiden. Entweder die Leute werden gezwungen, dann ist auf ihren Willen geschissen. Oder es ist eine Willensleistung und dann kommt es auf den Willen an. Beides gleichzeitig geht nicht. Was du versuchst ist eine Variante der "tätigen Anerkennung", die den gleichen Inhalt hat, wie deine "erzwungene Willenleistung". Inhaltlich wird dabei immer ausgeführt, dass der Mensch keine Wahl hat, weil er sich nach den staatlichen Gesetzen richten muss. Benannt wird es aber mit einer Vokabel die den Willen als Eigenleistung des Menschen (Affirmation) mit reinschmuggelt. "Anerkennung" bzw. "Willensleistung" suggeriert ein Einverständnis, gleichzeitig wird aber ausgeführt, dass dieses Einverständnis sich in reinen Zwang auflöst.

" die Leute haben erst einmal praktisch keine andere Wahl, ..." Die Leute sind nur gezwungen sich an die Spielregeln des Eigentums zu halten. Sie müssen das Eigentum, deshalb aber nicht gut finden, sie müssen das gesellschaftliche Verhältnis deshalb nicht affirmieren. Diese Leistung ist eine Eigenleistung der Bürger und auf dieser gründet der Staat. Der Wille zur Affirmation des Eigentumsverhältnisses wird nicht aufgezwungen und kann auch nicht aufgezwungen werden. Die Stellung zu den gesellschaftlichen Verhältnissen ist eine freie. Sonst könnte es keine Kommunisten geben.

"d.h. damit sie sich ihrer Mittel bedienen können, wollen die Leute den Staat." Den Staat wollen sie nur dann, wenn sie das Eigentum nicht als das begreifen was es ist, ein Ausbeutungsverhältnis, sondern als ihr Mittel. Benutzen können sie das Eigentum auch dann, wenn sie den Staat verabscheuen. Unsereins kann auch arbeiten gehen und Waren kaufen. Nur dann, wenn sie das Eigentum für eine tolle Einrichtung halten, nur dann wollen sie einen Staat, der es schützt. Den Entschluß das Eigentum als sein Mittel zu betrachten, sollte man nicht in den Zwang reinmuscheln, mit dem der Staat das Privateigentum zur ausschließlichen Bereicherungsform erklärt.

"Der gemeinschaftliche Wille beruht also auf einer erzwungenen Leistung des Einzelwillens." Eben nicht. Der gemeinsame Wille ist die freie Stellung zu erzwungenen Verhältnissen. Und eben keine erzwungene Stellung. Die freiwillige Affirmation der Verhältnisse ist nicht nur der Grund für Ideologien, sondern auch der Grund des Staates.

Dauert das jetzt wieder 3 Wochen bis zu deiner nächsten Antwort. Dir ist doch klar, dass so ne Diskutiererei ziemlich unproduktiv ist, wenn man immer neu einsteigen muss. Außerdem könntest du mal sagen, warum die beiden Texte weiterhelfen sollen.

Ob ich zu pro_kommnismus noch was sage, weiß ich nicht. Im Moment denke ich es lohnt nicht, weil er sich an sein verkehrtes Zeugs schon dermaßen gewöhnt hat, dass ihm unter anderem noch nicht mal ein Zirkel als Einwand vorkommt. Er bekennt sich einfach zu seinen Fehlern. Was soll man da noch sagen, wenn er sich einfach entschließt die Fehler nicht als Einwand nehmen zu wollen.

"Damit ihr berechtigtes Interesse in diesen Verhältnissen zum Zuge kommt, müssen sie auch die Unterordnung ihres Interesses unter das Gewaltmonopol wollen." Was meinst du damit? Um mich an der Konkurrenz um's Eigentum zu beteiligen, muss ich ganz und gar nicht dafür sein. Jeder Kommunist der für Lohn arbeitet beweist das. Ich muss mich an der Konkurrenz beteiligen. Ich muss aber nicht für die Konkurrenz sein. Wenn ich für die Konkurrenz bin, dann ist das meine freie Stellung zu Zwangsverhältnissen. Die folgt daraus, dass ich mir, entgegem ihrem wahren Begriff, ausrechne darin gut abzuschneiden. Aus dem Entschluss die Konkurrenz zu gewinnen, folgt die Zustimmung zum Eigentum und weitergehend die Zustimmung zur Gewalt, die das Eigentum durchsetzt. Erzwungen sind die Verhältnisse. Dafür zu sein ist eine freie Stellung dazu und in keiner Weise eine erzwunge Willensleistung.

"Der abstrakt freie Wille kommt somit nicht durch einen Entschluss der Leute in die Welt." Wenn du dir den Inhalt des Entschlusses dazu denken, würdest, könntest du nicht abstreiten, dass es sich um einen Entschluß handelt. Der Inhalt heißt: Ich will mittels Eigentum erfolgreich mein Leben bestreiten. Dafür brauche ich eine Gewalt, der ich mich unterordne, weil sie alle anderen auch unterordnet und so die anderen von meinem Eigentum ausschließt.

"Dann wollen sie nur noch freie und gleiche Eigentümer sein." Eben. Und das ist ja wohl ein Entschluss. "So folgt aus erzwungenen Willensleistung – es darf und soll nur ein berechtigtes Eigentümerinteresse verfolgt werden – der gemeinschaftliche Wille, Staat solle sein." Nein. Nein. Nein. Ein Zwangsverhältnis zu wollen kann man nicht erzwingen. Die Gedanken sind nun mal frei. Man kann die Konkurrenz um Eigentum erzwingen. Man kann nicht erzwingen, was jemand über die Konkurrenz oder über's Eigentum denkt. Verdammt nochmal. Warum verstehst du das denn nicht? Die Zustimmung zu Zwangsverhältnissen folgt nicht aus ihnen selbst. Die Zustimmung folgt daraus, dass man sie ignorant gegen ihre wirkliche Bestimmung als Mittel für sich benutzen will. Also aus dem Verhältnis das man zu den Zwangsverhältnissen einnimmt. Man rechnet sich eben aus Gewinner sein zu können. Das ist ein Entschluß.

"Ich will immer nur auf einen anderen Punkt aufmerksam machen. " Das glaub ich dir gern, dass du einen Gegenstandswechsel vornehmen willst. Ich will es aber zurückweisen, dass du mich wieder auf die Zirkelreise schicken willst. Das hat nämlich mit dem Problem überhaupt nichts zu tun. Das Problem war, was der Grund des Staates ist. Da sagen hier einige, dass der ein Selbstzweck sei, Gewalt, um der Gewalt willen. Und das ist eben Quatsch. Der Staat entspringt einem gesellschaftlichen Interesse. Einem gesellschaftlichen Gewaltbedürfnis, das darin besteht das der Eigentümer einer allen Gesellschaftsmitgliedern überlegene Gewalt will, um die anderen vom Zugriff auf sein Eigentum abzuhalten. Das muss man endlich mal als Grund festhalten und nicht immer gleich weiterfragen, wie dieser Wille denn zu stande kommt. Im Prinzip ist es scheißegal, wie er zu stande kommt.

Aber selbst wenn man weiterfragt, dann kann das Gewaltsubjekt, das die Verselbständigung des kapitalistischen Gemeinwillens darstellt, die Gesellschaftsmitglieder "nur" praktisch auf das Eigentum als Spähre ihrer Freiheit festlegen. Die Zustimmung zu diesem Zwangsverhältnis ist dadurch noch lange nicht festgelegt, sondern frei. Diese Freiheit kann staatlicherseits nicht geregelt oder festgelgt werden. Diese freie Zustimmung ist die Gemeinsamkeit der Gesellschaftsmittglieder, die den Gemeinwillen ausmacht. Ob diese Zustimmung auf Grundlage eines eingerichteten Eigentumsverhältnisses erfolgt oder historische bei der Einführung bürgerlicher Verhältnisse sich erstmals als gemeinsamer Wille der Bürger zu einer bürgerlichen Staatsgewalt (im Gegensatz zur feudalen) geäußert hat, macht keinen Unterschied für das Ergebnis: Der bürgerliche Staat ist das Resultat der allgemeinen gesellschaftlichen Zustimmung zu einem Gewaltsubjekt, welches das Eigentum schützt.

"Jetzt müsstest du mal sagen, ob dir diese Unterscheidung zwischen dem Willen, der in der Stellung zu… geäußert wird, und dem im Eigentum tätigen Willen einleuchtet." Witzbold. Diese Unterscheidung habe ich im Unter schied zu dir von Anfang an gemacht. (B. 42 Siehe bei auch libelle bei Walgesang: "Dieser Mensch ist nur König, weil sich andre Menschen als Untertanen zu ihm verhalten") Bloß den Gegenstandwechsel zum zweiten mache ich weiterhin nicht mit.

"Es ist aber dann doch auch sinnvoll, mal die Sache, das Eigentum nämlich, für sich zu analysieren, um festzustellen, was für ein Willensverhältnis darin steckt." Wenn du das willst, kannst du im Kf (das man dankenswerterweise im Unterschied zum Mdf noch einsehen kann) die einschlägigen Diskussion noch mal rekapitulieren. Da wurde das rauf und runter und wieder zurück diskutiert. Da habe ich keine Lust mehr drauf und ich glaube auch nicht, dass es da Differenzen zwischen uns gibt.

"Wenn du sagst, die Bürger affirmieren das Eigentum, dann ist das Eigentum dieser Affirmation vorausgesetzt. " Zustimmen kann man nur etwas, das einem fix und fertig entgegentritt. Ich habe das so formuliert, weil das der Situation in fertigen bürgerlichen Gesellschaften entspricht. Falsch wäre es jedoch zu behaupten, dass der Wille zum Eigentum eine staatliche Garantie des Eigentums voraussetzt. "Das Eigentum" sprich die staatliche Garantie d.h. Verpflichtung aufs Eigtentum ist dem Willen zu dem Ausbeutungsverhältnis "Eigentum" überhaupt nicht vorausgesetzt. Um das Eigentum zu wollen, braucht es nur eines, nämlich ein Bereicherungsinteresse oder Ausbeutungsinteresse. (siehe die Bemerkungen zur Ursprünglichen Akkumulation)

In fertigen bürgerlichen Staaten nimmt dieser Wille zum Eigentum nur die Form der "Zustimmung zu" an, weil es das Eigentum als die ausschließliche Form des gesellschaftliche Reichtums längst gibt. Selbst der Kapitalist affirmiert nur. Klar. Wenn es den bürgerlichen Staat schon gibt, braucht er ihn nicht mehr durchsetzen. Letztenendes ist es aber wirklich scheißegal, ob nur "zugestimmt" oder "gewollt und durchgesetzt" wird. In beidem kommt der Wille zum Eigentum zum Ausdruck.

"Die Sache, der zugestimmt wird, ist nicht mit der Zustimmung zu ihr identisch. Es ist aber dann doch auch sinnvoll, mal die Sache, das Eigentum nämlich, für sich zu analysieren, um festzustellen, was für ein Willensverhältnis darin steckt." Hast du den Eindruck das Willensverhältnis im Eigentum sei bisher falsch bestimmt worden. Ich glaube nicht, dass du das behaupten kannst. Und wenn, dann solltest du diese falsche Bestimmung kritisieren. Im Verlauf der Diskussion wurde das auch schon mehrfach erklärt. Wenn du da was anzufügen hast, nur zu.

"Die Willensfreiheit, so wie sie vom bürgerlichen Staat gewährt wird und wie sie praktisch existiert und gilt, löst sich in der Tat in reinen Zwang auf." Ehrlich FaO, das sind olle Kamellen, die ich im KF mit micoud rauf und runter diskutiert habe. Vielleicht findest du die Threads ja noch, wenn du nicht sogar micoud bist. Wenn sich die Willensfreiheit, wie du sagst in reinen Zwang auflöst und der Staat darauf beruht, dann ist eben nichts mit "Anerkennung" oder "Willensleistung". Dann gibt es eben kein Moment das dem staatlichen Zwang auf der Seite der Bürger hinzutritt. Dann beruht der Staat auf seinem eigenen Zwang. Was wiederum ein Zirkel ist, was neuerdings aber anscheinend nicht mehr als störend empfunden wird. Dann kann man aber im Ernst einpacken mit seinen revolutionären Flausen, weil es einfach keine Möglichkeit gibt, den Staat zu erschüttern. Der Bürgerwille muss sich einfach nach dem Staat richten, ist ein Reflex des staatlichen Zwangs und kann sich in alle Ewigkeit nicht vom Staat emanzipieren und gegen ihn vorgehen.

Dem Widerspruch, obwohl schon vor etlichen Beiträgen formuliert, musst du dich endlich mal stellen. Man kann nicht einerseits von "Willensleistung" und "Anerkennung" schwafeln, in dem ein Einverständnis suggeriert wird (das ist genau das richtige Verb, denn worin das Einverständnis bestehen soll, wird ja nicht ausgeführt) und gleichzeitig behaupten die Anerkennung sei reiner Zwang.

Das wird auch nicht besser, in dem du die staatliche Definition der Willensfreiheit heranziehst. Es stimmt ja, dass der Staat seiner Gesellschaft vorschreibt, dass ihre Willen sich ausschließende Gegensätze sein sollen. Nur begründet das, zum hundertausendsten mal, nicht, dass die Leute damit einverstanden sind. Der Entschluss mit den ganzen Zwangs/Erlaubnisfreiheiten einverstanden zu sein, ergibt sich nicht aus dem Zwang. Den einvernehmlichen Willen mit dem Staat wollt ihr immer rausmogeln.

"Der Imperativ des Staates lautet: Seid freie Bürger, folgt euren freien privaten Interessen. Gerade so ist am besten gewährleistet, dass sich die Freien allen Zwängen und Notwendigkeiten unterordnen, die die Gesetze des Geldes und der Politik setzen." Ein Scheiß ist dadurch gewährleistet. Die hängt nämlich davon ab, ob sich die freien Bürger unterordnen wollen. Und wenn das Unterordnen von ihrem Willen abhängt, dann ist es eben Essig mit der Gewährleistung. (Damit wir uns nicht über Begriffe streiten: Eine Gewährleistung unterstellt, dass man aus eigenen Willen und Vermögen, die Gewährleistungspflichten erfüllen kann.)

"Dieser Wille tritt den Leuten als Staat verselbständigt gegenüber." Jetzt willst du den staatlichen Zwang als Wille recykeln. Das ist nicht nur falsch, sondern widerwärtig. Aus dem, was der Staat den Leuten als Willen aufherrscht, soll umstandslos ihr Wille werden. Da will ich, weil du mein Zitat so gern zitierst, das nochmal in Erinnerung rufen. - „Die Beteiligung des Willens spricht überhaupt nicht gegen das Vorhandensein von Zwang. In der Regel funktioniert Zwang so, dass dem Willen eine Schadenskalkulation aufgemacht wird, die darin besteht, dass man wählen kann zwischen einem großen und einem geringeren Übel. Leiste ich Zwangsarbeit oder krieg ich die Peitsche zu spüren. Gehe ich lohnarbeiten oder lebe ich auf der Straße oder von Harz IV. Gegen den Zwang des Eigentums anzuführen, der Wille sei doch beim Lohnarbeiten beteiligt, weswegen der Zwang gar kein Zwang ist, sondern eine selbstgewählte Alternative, ist eine ganz und gar widerwärtige Weise den Leuten einzureden, sie könnten, weil sie das Lohnarbeiten auch wollen müssen, den Verhältnisse auch gleich grundsätzlich zustimmen. Bloß weil der Zwang in Form eines Angebots an den Willen daherkommt, soll man vergessen, dass es ein Zwang ist.“

Genau das machst du. Schlimmer noch. Du leugnest den Willensgegensatz ab, der im Zwang steckt und behauptest umstandslos der Zwang sei der Wille der Leute, weil der Staat die Freiheiten so definiert. Wenn es nach dir geht, ist der Staat, die Verselbständigung seines eigenen Zwangs, der im Willen der Leute steckt. Der als frei definierte Wille ist ja nichts anderes als der staatliche Erlaubniszwang. Also ist der im Staat verselbständigte Wille nach deiner Ansicht nichts weiter als sein eigener in den Bürgerwillen verwandelter Zwang. Das ist ein Zirkel. Aber das ist natürlich nur ein Einwand für Leute, die das noch stört.

"Notwendig ist die gute Meinung zu diesen Verhältnissen andererseits schon, damit sie funktionieren, nur ist sie nicht die praktische Grundlage der Verhältnisse. Notwendig heißt hier wiederum nicht notwendig im theoretischen Sinn: Man muss nicht dieser Meinung sein. " Also Notwendig heißt nicht notwendig. Wie jetzt? Ich dachte, die gute Meinung ist notwendig, damit man funktioniert. Und im nächsten Atemzug sagst du, man kann auch anderer Meinung sein und trotzdem funktionieren. Merkst du nicht, dass das eine einzige Durchwinderei von dir ist. Indem du den einen Widerspruch zu vermeiden suchst, hast du den nächsten schon an der Backe. Das ist ein untrügliches Kennzeichen für eine verkehrte Theorie.

" Stimmt zwar, muss er aber auch nicht haben. Übrigens hätte er diese Gewalt schon gerne,..." Wenn er die Gewalt über die Gedanken nicht haben muss (Wischiwaschi, Behauptung), warum hätte er sie dann gerne? Ist das so ähnlich wie Schwarzwälderkirsch. Muß nicht, wär aber ganz lecker. Dabei ist sehr leicht einzusehen, dass seine Bemühung um die Gedanken der Leute, der Umgang mit dem Widerspruch ist, dass er über sie keine Gewalt hat und nie haben kann. Dass er die Gedanken dennoch bestimmen will, ist ein Hinweis darauf, dass er die Zustimmung sehr wohl braucht und zwar notwendig braucht. Dass du diese Zustimmung mit belangloser Gedankenfreiheit identifizierst ist dein Fehler. Freie Zustimmung zum Staat ist eben nicht das gleiche, wie sich ein Luftschloss auszudenken. Fehlt diese Zustimmung massenweise, ist es aus mit luftiger Theorie, dann wird der theoretische Wille schneller praktisch als mancher glauben mag.

"Erstens: Warum sollen die Leute ausgerechnet dem Zwangsverhältnis Eigentum aus freien Stücken zustimmen, wenn dieses Zwangsverhältnis sie in der Betätigung ihres Willens immerzu beschränkt?" Arrrh! Weil sie sich bereichern wollen. Privat versteht sich. - "Zweitens:... „also wollen sie anerkannte Staatsbürger sein, weil sie es wegen ihrer ökonomischen Interessen sein müssen." Da steht auch warum sie Staatsbürger sein "müssen". Wegen ihrer Interessen, also weil sie es wollen. Das "müssen" ist eine Folge ihres Wollens. Insofern ist der nächste Satz S. 9 ein falscher Schluss. Der politsche Wille aller im Staat beruht nicht auf einer erzwungenen Leistung des Willens, sondern auf einer Folgerung aus ihrem ökonomischen Willen, auf einem Schluß aus ihrem ökonomischen Interesse. So geht der Satz auch weiter: "...(der einzelne Wille),der wegen des privaten Nutzens, auf den es ihm ankommt, auch noch als abstrakt-allgemeiner Wille auftritt." Hier steht es wieder richtig. "Wegen des privaten Nutzens (Grund), "auf den es ihm ankommt" (d.h. den er will) "auch noch als abstrakt-allgemeiner Wille auftritt." (kommt er auf den Willen zum Staat)

"Etwa so: In vorbürgerlichen Zeiten gab es noch keinen bürgerlichen Staat, es waren aber schon Leute mit einem Ausbeutungsinteresse unterwegs, die „Eigentum“ wollten, also kann das staatlich garantierte Eigentum dem Willen dazu nicht vorausgesetzt sein." Einfach mal die historischen Fakten nehmen. Bürgerliche Staatsgewalt nicht vorhanden - privates Bereicherungsinteresse vorhanden. ergo ist bürgerlicher Staat eine Folge des Bereicherungsinteresses und nicht umgekehrt. Aus Bereicherungsinteresse folgt Staat (so wie es auch im vorigen Abschnitt steht). Und nicht so verquast wie du: Die Kapitalisten haben ihren Staat schon im Kopf und werden dann vom Staat im Kopf gezwungen ihrem Bereicherungsinteresse nachzukommen.

"Diese Leute wollten eine von feudaler Willkür unabhängige staatliche Gewalt, die den Willen der Leute von feudalen Schranken befreit und auf nichts als auf diese Freiheit verpflichtet, damit ihr Bereicherungsinteresse zum Zuge kommt." Eben. Damit ihr Bereicherungsinteresse zum Zuge kommt.