Der Inhalt von Musik ist ja nicht z.B. Weltschmerz als Idee, sondern Weltschmerz als Gefühl. Von der Musik kann man sich jetzt einen Begriff machen und sagen diese spezielle Musik drückt Weltschmerz aus. Indem ich mir diesen Begriff mache, denke ich über dieses Musikstück nach, empfinde aber keinen Weltschmerz. Das kann die Musik, nicht das begriffliche Denken. Wenn ich ein bestimmtes Gefühl als z.B. Weltschmerz bezeichne, dann ist das ja eine Abstraktion vom Gefühl. Das Gefühl bekommt einen Namen verpasst. Man kann erklären in welchem seelischen Verhältnis es entsteht usw.

Die Musik ist aber in der Lage die Empfindung selbst (und nicht bloß ihren Begriff) auszudrücken und den Hörer, wenn er es zulässt, direkt nachempfinden zu lassen. "Oder meinst du das so, dass der Inhalt, obwohl man ihn auch begrifflich fassen könnte, in einem Musikstück nicht im Modus des begrifflichen Denkens, sondern einer irgendwie unmittelbareren Empfindung zum Bewusstsein gebracht wird?"
Ja, genau. Nachdenken kann man natürlich über alles. Begriffe machen kann man sich auch von Kunst und Kunstwerken. Der Begriff eines Kunstwerks ist aber nicht gleichbedeutend mit seinem Inhalt.

Danke max für den Link zum Vortrag. Ich habe ihn mir jetzt angehört. Die Bemerkungen zu den "Männern" finde ich sehr gut, obwohl vom Heinrich etwas wenig gesprochen wird. Diese Teile kann ich unterschreiben. Was mir allerdings weniger gefällt ist die allgemeine Bestimmung der Kunst bzw. die Haltung, die die MG dazu einnimmt. Wenn die Hegelsche Ästhetik gelesen worden wäre, hätte man diee Fehler wahrscheinlich nicht gemacht. Wenn sie bekannt war: Schande über euch.

Meines Erachtens verwechselt hier die MG Kunst und bürgerliche Kunst. Statt nur das bürgerliche an der Kunst zu kritisieren, also den bürgerlichen Inhalt, wettert sie gegen die Kunst überhaupt und schüttet so das Kind mit dem Bade aus.

Zitat

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"Also dass sie es mit der Botschaft hat. Dass also bürgerliche Dichtung für ihre Gedichte, Dramen und Romane eine tiefere Bedeutung reklamiert ist eine jedermann geläufige Tatsache. Kein Autor der neueren deutschen Literaturgeschichte will einfach ein Liebesgedicht schreiben oder eine spannende Geschichte erzählen. Schon die Klassiker waren mit dem Schönen nicht zufrieden, sondern bemühten sich um die Einheit des Schönen, Wahren und Guten. "Anmut" fand Schiller sei ein niederer Zweck, wenn er sich nicht mit Würde verbindet. ....Die bürgerliche Dichtung reklamiert, dass sie nicht bloß schön und anmutig sein will, nicht bloß zum Zwecke des Genusses eine Geschichte erzählen will. Genuss gilt ihr also als ein "bloß"."

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Dass Kunst eine Botschaft hat, ist nichts bürgerliches, sondern liegt am allgemeinen Begriff der Kunst, denn Kunst ist die Verkörperung einer innerlichen, geistigen Idee in einem äußerlichen Medium. Dass der bürgerlichen Kunst also eine Idee oder Botschaft (ich habe keine Hinweise gefunden, dass die Mg das trennt) zugrunde liegt, liegt daran dass sie Kunst ist und nicht an ihrem bürgerlichen Inhalt. Dass die MG diesen allgemeinen Begriff der Kunst nicht drauf hat, sieht man an obigen Zitat, wo sie die Botschaft in Gegensatz zum Genuss stellt. Die Ansicht der MG: Botschaft verdirbt den Genuss. Kein Autor will einfach eine spannende Geschichte erzählen, die Dichtung will nicht bloß schön und anmutig sein usw. Da fragt sich doch: Was ist spannend? Was ist schön und anmutig? Als gäbe es überzeitliche Gesetze des Spannenden, Schönen, Anmutigen, an dem sich bürgerliche Künstler vergehen. Da hatte der eine Zuhörer mit seinem Einwand absolut recht. Schönheit, Spannung in Geschichten, Anmut einer Melodie oder Skulptur, ist eben auch nichts anderes als ein geistiger Inhalt, eine künstlerische Idee, die in diesem Werk genossen wird. Also kann die Kritik gar nicht darin liegen, dass Kunstwerke eine Botschaft oder Idee ausdrücken, sondern w e l c h e Idee sie ausdrücken. Man kann natürlich auch prinzipiell sagen, die Kunst kann mir gestohlen bleiben. Das macht aber niemand, selbst Karl Held macht das nicht, wie man auch aus dem Vortrag entnehmen kann. Natürlich genießt er auch eine Idee, wenn er sagt der Klang eines Gedichts kann schön sein, eine Geschichte ist fesselnd, ein Gemälde ist schön. Es ist dann eben auch der geistige Inhalt als äußerliches Verhältnis von Farben, Formen, Tönen usw. der genossen wird. Es stimmt also gar nicht, dass die Kunst nicht zum Genießen da ist. Auch die bürgerliche Kunst ist zum Genießen da. Es ist bloß so, dass man ein Bürger sein muss, um die bürgerliche Kunst goutieren zu können. Einem Kommunisten vom Schlage von Karl Held, den packt ob den Inhalten bzw. den selbstbezüglichen Inhalten, natürlich das kalte Grausen und deshalb kann ich seinen Ärger über die bürgerlichen Künstler durchaus nachvollziehen.

Nichtsdestotrotz macht Held einen Fehler, wenn er meint das bürgerliche Kunstschaffen sei nicht zum Genießen da, denn es ist bloß so, dass e r als Kommunist den bürgerlichen Quatsch nicht genießen kann. So gerät ihm der Ärger über die bürgerliche Kunst zu einer Ablehnung der Kunst überhaupt.

Entsprechend falsch ist auch das Urteil zu künstlerischen Subjektivität. Vom Hegel kann man lernen, dass sich Form und Inhalt in der Kunst entsprechen müssen. Das heißt nicht nur etwas für die äußerliche Form, sondern vor allem auch etwas für die Art des geistigen Gehalts. Der geistige Inhalt ändert sich beispielsweise mit der Kunstgattung. In der Musik werden z.B. Gefühle ausgedrückt und Gefühle sind nunmal eine Form der Subjektivität. Die gehen objektiv gar nicht. Was ich sagen will ist, dass der Künstler seine Subjektivität in irgendeiner Form zum Gegenstand macht, ist kein Fehler der bürgerlichen Kunst, sondern das liegt einfach am Gegenstand der Kunst. Da geht es nunmal darum irgendetwas subjektives darzustellen. Wenn man also bürgerliche Kunst kritisieren will, muss man den Inhalt der Subjektivität kritisieren und nicht, dass es überhaupt Subjektivität ist, um die es in der Kunst geht. Praktisch haben sie das bei der Kritik der Männer richtig gemacht. Theoretisch wird das aber nicht sauber getrennt. Das wird deutlich am Vergleich mit der Wissenschaft, der ständig bemüht wird, wo die MG etwas zu Kunst verlautet.

Zitat

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"Dabei können Einsichten neben ausgesprochen ideologischen Sätzen stehen, weil beide nur als Mittel seiner Botschaft interessieren. Man sieht also die Burschen haben ein sehr bedingtes Verhältnis zur Wahrheit, denn ihre Idee geht ihnen über alles. Und in deren Dienst verhalten sie sich manchmal sogar gegen ihren eigenen Fantasieprodukten radikal unlogisch."

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Tja so ist das nunmal in der Kunst. Es geht nicht um Wahrheit. Das soll es übrigens noch mehr Berufsgruppen geben, denen es nicht um Wahrheit geht z.B. Bauern, Arbeitern am Band, eigentlich allen außer Wissenschaftlern. Bloß weil Künstler mit Geistigem zu tun haben, wird ihnen reingerieben, dass sie keine Wissenschaftler sind. Diese "Burschen" aber auch, denen geht es doch tatsächlich um ihre Idee und nicht um die Wahrheit, diese Schlawiner. Ja sollte es ihnen um die Wahrheit gehen als Künstler - nein sollte es natürlich nicht, denn sonst wären sie ja Wissenschaftler.

Zitat

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"...Jedes Mal besteht der Riesenunterschied zwischen den Problemen des Dichters und denen des Rests der Menschheit dafür ein, dass die Dichterprobleme zu Papier gebracht werden müssen, dass sie eine Botschaft darstellen, ohne die die Welt ärmer wäre. Dass der Dichter sich zum Inhalt seiner Botschaft macht unterscheidet ihn im Übrigen auch vom Wissenschaftler. Der ist nämlich ganz einfach der Auffassung, dass er ein paar neue Argumente über diesen oder jenen Gegenstand mitzuteilen hat. Er legt seine Subjektivität grad darein, die von ihm unterschiedene Sache zu erklären. Ganz anders der Dichter. Der behauptet nämlich, meine Subjektivität ist Sache. Ich allein bin in der Lage die Tragik der Welt zu schauen. Und dieser Inhalt meiner Subjektivität ist es, was der Welt fehlt."

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Wenn man mal die behauptete Selbstüberschätzung mancher Künstler streicht, dann machen Künstler ihre Subjektivität zum Gegenstand. Das ist aber eben kein Fehler per se, sondern das ist einfach das was die Kunst macht. Sie macht die verschiedenen Formen der subjektiven Innerlichkeit in einem äußerem Medium sichtbar. Nicht das Prinzipielle ist kritikwürdig, sondern die spezifische Innerlichkeit des Bürgers. Held zelebriert die Kritik an der Subjektivität regelrecht, indem er die Künstler als abgehobene Spinner darstellt.

Von der Subjektivität gibt es jetzt einen Übergang zum Inhalt der Subjektivität, der etwas weiter bringt, der aber im Vortrag nicht ganz zu Ende gedacht wird:

Zitat

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"Denn auf die Idee, dass das Dichten mehr sein soll als dichten, kommen die Dichter ja nur, weil sie nicht abseits stehen, sondern gesellschaftlich nützliche Zeitgenossen sein wollen. Keine Instanz hat verlangt, dass sie ihre Dichtung als Dienst an der Menschheit verstehen. Und dennoch wollen die Dichter nicht einfach frank und frei dichten, sondern eine gesellschaftlich notwendige Funktion erfüllen und ihr Freiheit nicht dazu missbrauchen, nur Objekte des Genusses hervorzubringen."

"Kaum gibt es also die Spähre des freien Geistes und das hat immerhin ein paar tausend Jahre der Menschheitsgeschichte gedauert, kaum stellt die bürgerliche Gesellschaft ein Teil ihres Überflusses zum Dichten zur Verfügung, erlaubt es also ein paar Leuten bar jeder Notwendigkeit in aller Freiheit ihrem Hobby zu fröhnen. Kaum sind alle Voraussetzungen für die Betätigung der Freiheit gegeben, setzen sich die Dichter gleich in ein respektvolles Verhältnis zum Reich der Notwendigkeit und zwar nicht indem sie das Dichten aufgeben und irgendeinen Beitrag zum Wirtschaftswachstum leisten, sondern indem sie ihr eigenes Handwerk an dem Prinzip des "Beitrags für" messen. Sie beurteilen ihr Dichten nach der Idee der Nützlichkeit, gelangen dabei zu dem Ergebnis es sei nutzlos, weil bloßer Genuss und erfinden sich buchstäblich und freiwillig eine Notwendigkeit, der sie sich mit ihrem Dichten beugen wollen. Also lautet der Beschluss. Ich dichte nicht bloß, sondern erfülle mit meinem Dichten einen Auftrag für die Gesellschaft. Wenn ich meine Subjektivität dichterisch betätige, dann tue ich das im Auftrag einer höheren Notwendigkeit, gehorche also in der Betätigung meiner freien Subjektivität der Idee dessen, was an der gesellschaftlichen Basis an Notwendigkeiten praktiziert wird. Indem Sie sich so selber das Prinzip der Spähre der Notwendigkeit auferlegen, praktizieren Sie das Paradox eines notwendigen oder gesellschaftlich nützlichen Luxus. Einer Art Dichtung also, die Luxus bleibt zugleich dieses luxuriöse Geschäft verantwortlich betreibt."

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So. Hier haben wir jetzt also den Übergang zum Inhalt der bürgerlichen Subjektivität, die als bürgerliche zu kritisieren ist. Die Künstler sind eben Bürger und Nationalisten, wie alle anderen auch und wollen daher etwas verantwortlich als Künstler zur Gesellschaft beitragen. So wird ihre Subjektivität zur bürgerlichen Subjektivität. Es ist also nicht ihre Subjektivität zu kritisieren, sondern wie sie sich mit ihrer Subjektivität als Bürger und Nationalist an den Problemen der Gesellschaft künstlerisch abarbeiten.