Nein, ich bezog mich auf deinen letzten Beitrag. "Dass machen doch nun aber nicht nur Krim und die Philosophen, sondern auch alle kapitalismuskritischen Geister,..." Ich mach das nicht wie die Philosophen. Ich will nicht beweisen, dass es den bürgerlichen Staat geben muss.

Ah. Jetzt hab ich's kapiert. Den Link hatte ich komplett überlesen. Dann gilt meine Entgegnung nicht dir, sondern devnull. (gegen das Rüberziehen hab ich nichts, für Leute wie mich wäre es vielleicht gut wenn du drüberschreibst z.B. xx hat auf blog y folgendes geschrieben)

Eins irritiert (nr. 2 gestrichen) mich noch: "Die Bürger haben dort nur den Standpunkt ihres Privateigentums. Der Standpunkt hingegen, dass das Privateigentum als Erwerbsform gesellschaftlich gilt und zu respektieren ist muss ihnen aufgeherrscht werden und das ist ein Interesse dem sie auf der Grundlage ihres Interesses als Privateigentümer unterworfen werden müssen."

Die ganze Zeit warst du noch einverstanden damit, dass es einen Übergang vom Interesse des Privateigentums zum Staat gibt, dass sie wegen ihres Interesses als Privateigentümer eine gesellschaftliche Monopolgewalt wollen, die alle auf das Privateigentum verpflichtet. Deshalb ordnen sie sich ihr unter. Jetzt sagst du das Privateigentum als gesellschaftliche Erwerbsform müsse ihnen aufgeherrscht werden. Hast du deine Ansicht geändert oder verstehe ich was falsch.

Ich verstehe. Das Einhalten der Regeln der Konkurrenz ist kein in der Gesellschaft eh schon vorfindliches Interesse, sondern eines wofür es eine von der Gesellschaft getrennte Gewaltinstanz braucht. Es ist also ganz klar, das die Staatsgewalt ein eigenes Interesse gegen die Gesellschaft verfolgt. Aber eben nur, weil die Gesellschaftsmitglieder wollen, dass es so sein soll und nicht weil die Staatsgewalt völlig von der Gesellschaft emanzipiert ist und sich nach Gusto die Gesellschaft zurechtstrickt.

Das Interesse des Schiedsrichters ist zu pfeifen. Aber nicht weil er die Mannschaft, die Regeln und das Spiel ins Leben gerufen hätte, sondern weil die Spieler Fußball spielen wollen. Dafür muss er bei einem groben Faul dann auch mal einen vom Platz stellen oder ein Tor, das nicht regelgerecht zu stande kam für ungültig erklären.

Jetzt muss ich doch mal nachfragen. War das Statement von Peter Decker die "Klärung", die sich die Gegenstandpunkt-Redaktion vorgestellt hat? Darf man das so verstehen, dass jedes Statement von euch gefälligst als "Klärung" zu nehmen ist? Seit gut einem halben Jahr geht das so. Irgendein GSP-Typ meldet sich. Dann schreibt man sich die Finger wund und was kommt als Antwort oder Erwiderung - nada, nichts, nullamente, zero, 0. Nach 4-6 Wochen geht das Ganze wieder von vorne los. Der nächste meldet sich mit den identischen Argumenten. Reicht die Zusammenfassung denn nicht? Fehlen irgendwelche Argumente oder ist etwas nicht ausgeführt worden? Daran kann's ja wohl nicht liegen. Man kann in diesem Medium auch nachfragen. Wie lang, denkt ihr, sollte ich warten, bis ich euer Schweigen als absichtsvolle Weigerung nehmen kann zu antworten.

Nochmal Ursprüngliche Akkumulation
Bedingung der kapitalistischen Akkumulation ist der doppelt freie Arbeiter und das Vorhandensein von Kapital, das diese anwendet. Die Schaffung des freien Arbeiters beschreibt Marx in dem Punkt 2. "Expropriation des Landvolks von Grund und Boden". Die verschiedenen Ursachen, die Marx hier aufzählt lassen sich unter einem politökonomischen Sachverhalt zusammenfassen. Die Expropriation der Bauern ist die Folge der Verwandlung von feudalen Rechtstiteln auf Grund und Boden in Privateigentum auf Grund und Boden. Zu den schottischen Clanchefs sagt Marx: "Aus eigner Autorität verwandelten sie ihr Titular-Eigentumsrecht in Privateigentumsrecht, und da sie bei den Clanleuten auf Widerstand stießen, beschlossen sie, diese mit offner Gewalt zu vertreiben. "Ein König von England könnte mit demselben Recht sich anmaßen, seine Untertanen in die See zu jagen",sagt Professor Newman."

Die Methoden zur Enteignung des Landvolks fassen sich darin zusammen, dass Feudaltitel auf ein Stück Land in Privateigentum verwandelt werden. 1.Das Territorium feudaler Herrschaften wird in Schaftrift verwandelt. 2. Das Gemeindeeigentum - eine altgermanische Institution, die Bauern und Unfreien als Weide für das Hausvieh zur Verfügung stand - wurden von Pächtern und Grundherren annektiert. 3. Die Reformation enteignet die Kirchengüter und verscherbelt sie zu "Spottpreisen" an "raubsüchtige königliche Günstlinge, Stadtbürger und spekulierende Pächter." 3. Die "Privatisierung" der Staattsdomänen. "Die "glorious Revolution" (glorreiche Revolution) brachte mit dem Oranier Wilhelm III. 200) die grundherrlichen und kapitalistischen Plusmacher zur Herrschaft. Sie weihten die neue Ära ein, indem sie den bisher nur bescheiden betriebenen Diebstahl an den Staatsdomänen auf kolossaler Stufenleiter ausübten. Diese Ländereien wurden verschenkt, zu Spottpreisen verkauft oder auch durch direkte Usurpation an Privatgüter annexiert. Alles das geschah ohne die geringste Beobachtung gesetzlicher Etikette."

Grund und Boden wird also zum Privateigentum, indem die, die darauf einen Anspruch erheben es als solches behandeln. Mit Feudaltitel oder ohne Feudaltitel (durch Annexion, formalem Kauf zu Spottpreisen) schließen sie konkurrierende Verfügungsansprüche aus. Die auf Subsistenz gerichtete Benutzung des Bodens wird unterbunden, indem die Bauern verjagt werden. Exklusive Verfügung bedeutet die gewaltsame Unterordnung jedes anderen Willens. Die feudale Herrschaft über Grund und Boden sieht das noch ganz anders. Bauern sind kein konkurrierender Verfügungsanpruch über den Boden, sondern ein Element ihres Reichtums und ihrer Macht. Die Zahl der Bauern, die zu Arbeitsdiensten bzw. zu Naturalabgaben, verpflichtet sind, entscheiden wieviel lebendige bzw. vergangene Arbeit in Form von Produkt, die Herrschaft kommandieren kann. "Die Macht des Feudalherrn, wie die jedes Souveräns, beruhte nicht auf der Länge seiner Rentrolle, sondern auf der Zahl seiner Untertanen, und letztere hing von der Zahl selbstwirtschaftender Bauern ab."

Insofern ist es auch klar, dass sich das Königtum zunächst (bevor die kapitalistischen Plusmacher an die Macht gelangten) gegen die Zerstörung seiner Machtgrundlagen wehrte. "Ein Akt Heinrich des Siebenten, 1489, c. 19, verbot die Zerstörung aller Bauernhäuser, zu denen wenigstens 20 Acres Land gehörten. ...Die Volksklage und die seit Heinrich dem VII. an 150 Jahre fortdauernde Gesetzgebung wider die Expropriation der kleinen Pächter und Bauern waren gleich fruchtlos.-... Während dieser Übergangsperiode suchte die Gesetzgebung auch die 4 Acres Land bei der Cottage des ländlichen Lohnarbeiters zu erhalten und verbot ihm die Aufnahme von Mietsleuten in seine Cottage. usw."

Die trotz allem von ihrem Grund vertriebenen Volksmassen waren jeder Möglichkeit beraubt sich zu erhalten. In Punkt 3. (Blutgesetzgebung gegen die Expropriierten seit Ende des 15. Jahrhunderts. Gesetze zur Herabdrückung des Arbeitslohns) stellt Marx dar, dass der Staat sie als Ordnungsproblem behandelt. Bettler und Vagabunden wurden ausgepeitscht, gefoltert, mißhandelt, eingesperrt, zur Zwangsarbeit verurteilt, als Sklaven verkauft oder zum Tode verurteilt.

Auch die "Gesetze zur Herabdrückung des Arbeitslohns" wurden nicht verabschiedet, um die ursprüngliche Akkumulation zu Beschleunigen und den Kapitaismus einzuführen. Sie wurden England und Frankreich um 1350 eingeführt, damit nicht der ganze produzierte Reichtum vom Volk konsumiert wird, sondern in Händen der "Arbeitgeber" hängen bleibt, damit sich die Nation daran bedienen kann. In der Epoche der Umformung dieser Staaten zu kapitalistischen Nationen haben sie weiterhin geholfen den Arbeitslohn niedrig zu halten. Im gleichen Maß wie sich kapitalistische Verhältnisse durchsetzten wurden sie jedoch überflüssig, da die Lohndrückerei sowieso ständiges Mittel des Kapitals war den Profit zu erhöhen, also als Zweck nicht mehr dekretiert werden musste. Erst 1813 wurden sie abgeschafft als sie längst nicht mehr notwendig waren.

Bei der "Genesis des industriellen Kapitalisten" (Punkt 5.) muss man im Unterschied zu der vorher genannten Punkten zugestehen, dass der Staat daran einen gewichtigen Anteil hatte und nicht als verzögernd, sondern beschleunigend wirkte. Aber auch hier verhielt es nicht so, dass die Aussage gerechtfertigt wäre, der Staat hätte den Kapitalismus eingerichtet. Vielmehr ist die Anhäufung von Geldkapital Resultat dessen, dass er als Gewaltsubjekt einer Nation gegen andere Nationen konkurriert.

"Die Entdeckung der Gold- und Silberländer in Amerika, die Ausrottung, Versklavung und Vergrabung der eingebornen Bevölkerung in die Bergwerke, die beginnende Eroberung und Ausplünderung von Ostindien, die Verwandlung von Afrika in ein Geheg zur Handelsjagd auf Schwarzhäute bezeichnen die Morgenröte der kapitalistischen Produktionsära. Diese idyllischen Prozesse sind Hauptmomente der ursprünglichen Akkumulation. Auf dem Fuß folgt der Handelskrieg der europäischen Nationen, mit dem Erdrund als Schauplatz. Er wird eröffnet durch den Abfall der Niederlande von Spanien, nimmt Riesenumfang an in Englands Antijakobinerkrieg, spielt noch fort in den Opiumkriegen gegen China usw. Die verschiednen Momente der ursprünglichen Akkumulation verteilen sich nun, mehr oder minder in zeitlicher Reihenfolge, namentlich auf Spanien, Portugal, Holland, Frankreich und England. In England werden sie Ende des 17. Jahrhunderts systematisch zusammengefaßt im Kolonialsystem, Staatsschuldensystem, modernen Steuersystem und Protektionssystem. Diese Methoden beruhn zum Teil auf brutalster Gewalt, z.B. das Kolonialsystem. Alle aber benutzten die Staatsmacht, die konzentrierte und organisierte Gewalt der Gesellschaft, um den Verwandlungsprozeß der feudalen in die kapitalistische Produktionsweise treibhausmäßig zu fördern und die Übergänge abzukürzen. Die Gewalt ist der Geburtshelfer jeder alten Gesellschaft, die mit einer neuen schwanger geht. Sie selbst ist eine ökonomische Potenz."

Dieses Zitat dürfte wohl der Hauptgrund dafür sein, dass das Mißverständnis gepflegt wird, der Staat sei der Schöpfer kapitalistischer Verhältnisse. Dabei behauptet Marx gar nicht der Staat sei der Urheber des Kapitalismus, sondern nur das der ausgiebige Gebrauch der Staatsgewalt den Übergang zur kapitalistischen Produktionsweise treibhausmäßig gefördert und abgekürzt hätte. Zudem waren Ende des 17. Jahrhundert (seit 1689) in England schon die "Plusmacher" an der Macht.

Jedenfalls ist nach dem gesagten klar, dass die Herstellung der Voraussetzungen kapitalistischer Produktion verschiedene Ursachen hat und nicht auf die Initiative des Staates zurückgeht. Natürlich kann man sagen, die Staatsschuld, die über die Banken als Kredit an die Gesellschaft weitergereicht wurde, habe die Bildung großer privater Kapitale gefördert. Andrerseits wurde von Staats wegen der Entstehung des freien Arbeiters also einer disponiblen Arbeiterklasse entgegengewirkt. Einerseits weil die freien Bauern die Macht und Reichtumsbasis des feudalen Nation waren, andererseits weil sich das Elend als Ordnungsproblem bemerkbar machte. Insgesamt kann man also sagen, dass der feudale englische Staat durch seine Regierungstätigkeit sowohl bremsend als auch beschleunigend auf die Herstellung kapitalistischer Verhältnisse gewirkt hat. Das Generalurteil, er hätte die Entwicklung zu kapitalistischen Verhältnissen (unbewusst) in Gang gesetzt und dadurch sei er sogar der Initiator, Einrichter und Macher des Ganzen ist jedenfalls nicht gerechtfertigt und wird durch die historischen Fakten nicht gestützt.

Mit einem Gefühl, dass sich irgendwo etwas ähnlich angehört hat, kann ich wenig anfangen. Da müsstest du schon den Vortrag verlinken und die Stelle im Vortrag (minute) angeben, wo Decker das gesagt haben soll. Kann aber schon sein. Nur wüsste ich auch nicht wie das weiterhelfen bzw. die GSp-Vertreter dazu bringen soll, die Debatte wieder aufzunehmen.